„Gewalt immer eine Niederlage“

EKD-Ratsvorsitzender Bedford-Strohm setzt auf eine globale Ethik – Vortrag bei evangelischer Militärseelsorge

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09. März 2016

Hamburg. Vor der Gesamtkonferenz der evangelischen Militärgeistlichen hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm heute in Hamburg sein Engagement für eine globale Ethik beschrieben: Die Zivilgesellschaft könne heute nur in weltweiten Zusammenhängen beschrieben werden. Ohne das Engagement von Millionen von Menschen hätten Bewegungen wie das weltumspannende Umweltbewusstsein niemals erreicht werden können. Die Kirche nehme als eine universale Organisation mit ihrer Nähe bei den Menschen daran teil und sei ein empfindlicher Sensor in der Welt. „Ich will alles tun, um unser weltweites Zeugnis klar werden zu lassen.“ Zu den Flüchtlingsströmen nach Europa sagte Bedford-Strohm, in Staaten Afrikas seien die Leistungen Deutschlands höchst anerkannt und das verbinde sich auch mit dem Namen der Bundeskanzlerin. Aber die dortigen Staaten wie Tansania nähmen schon seit Jahren eine große Zahl an Flüchtlingen auf. Allein in Südafrika rechne man mit fünf Millionen. Kern der christlichen Ethik sei in der biblischen Tradition ein Gegenseitigkeits-Ethos, eine Ethik des Mitgefühls. Wer selbst Fluchterfahrungen wie die Deutschen besitze, reagiere positiv auf Flucht und Migration. Zudem sei der christliche Glaube selbst aus der Wanderungsbewegung  des Volkes Israel entstanden. 

Aus Martin Luthers Verständnis der Freiheit eines Christenmenschen gelte es den Schluss zu ziehen, dass ein Christ gar nicht anders könne, als sich für andere Menschen einzusetzen. Der Reformator habe gezeigt, was der Glaube mit dem Leben im Alltag zu tun habe und deshalb sei das menschliche Handeln vom programmatischen Wort Freiheit bestimmt.

Zur Friedensethik erläuterte der bayerische evangelische Landesbischof, seine Position sei auch durch Ereignisse wie den Völkermord in Ruanda und die ausweglose Situation der Jesiden im Irak geprägt. Beides seien Beispiele, dafür dass es Situationen geben könne, in denen man sich auch militärisch engagieren müsse.  Dennoch gelte, „Gewalt, auch militärische, ist immer eine Niederlage.“ Dass Menschen Schuld auf sich nähmen, sei in besonderen Situationen jedoch unvermeidlich. Zur Frage, ob „Just Policeing“ – also der Einsatz von Polizeikräften in internationalen Konflikten ein friedenspolitisches Signal setzen könne, erklärte Bedford-Strohm, diese Spur solle aus kirchlicher Sicht weiterverfolgt werden. Immer sei das Ringen um friedensethische Fragen in der kirchlichen Debatte das Entscheidende. Dietrich Bonhoeffer habe dazu eine hoffnungsvolle Aussicht gegeben, die eine Leitlinie für ethische Entscheidungen sein könne: „Unser Christsein wird heute nur in zweierlei bestehen: im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen. Alles Denken, Reden und Organisieren in den Dingen des Christentums muss neu geboren werden aus diesem Beten und diesem Tun.“

Schon zu Beginn seines Vortrages „Evangelium in der Weltgesellschaft“ brachte der Ratsvorsitzende seine Wertschätzung gegenüber der Militärseelsorge und der Bundeswehr zum Ausdruck. Er sei bei seinem eigenen Wehrdienst in einer Sanitätseinheit immer Vorgesetzten begegnet, die für friedensethische Positionen eine „Antenne“ gehabt hätten. Dafür sei er sehr dankbar. Seine eigene Biografie sehe er auch als Gratwanderung in ethischen Fragen.

Roger Töpelmann

Evangelische Militärseelsorge