Nordkirche zieht Zwischenbilanz bei Flüchtlingshilfe

Mehr als 12.000 ehrenamtliche Helfer im Einsatz

Nordkirche

08. Dezember 2015

Hamburg (std). Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) hat heute (8. Dezember) eine Zwischenbilanz ihrer Flüchtlingshilfe gezogen. Landesbischof Gerhard Ulrich stellte in Hamburg gemeinsam mit Landespastor Dirk Ahrens (Diakonisches Werk Hamburg) und Dietlind Jochims, Flüchtlingspastorin der Nordkirche, die vielfältigen Dienste und Aktivitäten vor, mit denen Landeskirche, Diakonische Werke, Kirchenkreise und -gemeinden Flüchtlinge unterstützen. Nach aktuellen Schätzungen wurden und werden in diesem Jahr mindestens 35.000 Menschen auf der Suche nach Schutz und Zuflucht von Hilfsinitiativen und Diensten in Kirche und Diakonie unterstützt – mehr als ein Drittel aller Flüchtlinge, die 2015 in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern angekommen sind oder für einige Tage auf der Durchreise hier waren.

Landesbischof Ulrich: „Sorge um die Fremden im Zentrum des Glaubens“

„Für Christenmenschen gehört die Sorge um die Fremden ins Zentrum ihres Glaubens und für die Kirchen ins Zentrum ihres Auftrags“, sagte Landesbischof Gerhard Ulrich. „Ich bin dankbar für die Vielen in den Kirchengemeinden, in der Diakonie in allen drei Bundesländern, die nicht zuerst nach Herkunft fragen, sondern die Not sehen und tun, was nottut und hilft, die Türen öffnen, Menschen beherbergen und begleiten, Sprachunterricht geben, die Geld spenden oder Kleidung und Möbel, die teilen, was sie haben.“ Der Dienst an den Flüchtlingen, die zu uns kommen, sei „für uns als Christenmenschen und als Kirchen mit dem Wort ‚Flüchtlingskrise‘ völlig falsch beschrieben“, so Ulrich. „Dieses in den Medien häufig gebrauchte Wort führt auf eine problematische Spur: als wäre der Strom derer, die ihre Heimat in größter Not verlassen, zuerst für uns eine Krise. Vielmehr handelt es sich um eine Krise für die vielen Menschen selbst, die nun unseren Schutz und unsere Hilfe brauchen.“

Ulrich ging auch auf die Fluchtursachen ein und warnte, die Bombardierungen könnten den Terroristen neuen Zulauf verschaffen und noch mehr Menschen zwingen, ihre Heimat zu verlassen. Er forderte ein ernsthaftes Bemühen um einen friedlichen Weg für Syrien, die Terrormiliz „IS“ von ihren Geldquellen abzuschneiden sowie Waffenlieferungen endlich zu stoppen.

Fast jede vierte der über 1.000 Kirchengemeinden der Nordkirche ist aktiv in der vielfältigen Flüchtlingsarbeit tätig. Das Engagement reicht beispielsweise von der Betreuung bei der Ankunft, über Unterbringung, Begleitung zu Behörden bis hin zu Sprachkursen, Freizeittreffs und Patenschaften. Es gibt „Flüchtlingslotsen“, Dolmetscherdienste und Informationsveranstaltungen. Sachspenden werden weitergeleitet, Mahlzeitenangebote organisiert.

Mindestens 12.000 Ehrenamtliche aus der Nordkirche engagieren sich gegenwärtig in der Flüchtlingshilfe von Kirche und
Diakonie sowie gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Initiativen (Schleswig-Holstein: 3.000 bis 5.000; Hamburg: 6.000 bis 7.000; Mecklenburg-Vorpommern: bis 2.000). Zudem sind in den Kirchengemeinden rund 250 Hauptamtliche in der Flüchtlingsarbeit aktiv. Kirche und Diakonie haben – zum Teil gemeinsam mit Kommunen und Netzwerken – zahlreiche Initiativen auf den Weg gebracht. Kirchengemeinden stellen rund 120 Gemeinschaftsunterkünfte unterschiedlicher Größe zur Verfügung. Von der Diakonie werden darüber hinaus etwa 20 große Gemeinschaftsunterkünfte unterhalten.

Die diakonischen Werke im Bereich der Nordkirche sind bereits seit langem in der Beratung und Begleitung von Migranten tätig. Aktuell sind sie auch bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen engagiert. Eine besondere Herausforderung sehen die Diakonischen Werke beim Thema Integration. Dirk Ahrens, Landespastor der Diakonie Hamburg: „Das ist die künftige Mammutaufgabe für unsere Gesellschaft. Wenn Politik, Verbände und Freiwillige Hand in Hand arbeiten, die Bürger eingebunden sind und Flüchtlinge nicht untätig abwarten müssen, sondern sich möglichst schnell einbringen können – dann schaffen wir das!“

Ab 2015 setzt die Nordkirche jährlich 1,8 Millionen Euro zusätzlich für die Flüchtlingsarbeit ein. Aus diesem Betrag werden unter anderem die neuen Stellen der Flüchtlingsbeauftragten in den Kirchenkreisen finanziert (3,25 Millionen Euro für 5 Jahre). Diese unterstützen Kirchengemeinden sowie ehren- und hauptamtlich Engagierte vor Ort. „Inzwischen sind fast alle Stellen besetzt und bieten auf regionaler Ebene wertvolle und notwendige Unterstützung und Koordinierung der vielen freiwillig Engagierten“, sagte die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims. Dadurch biete die Nordkirche eine flächendeckende kompetente Stärkung der Willkommenskultur vor Ort. „Leider steht dem großen zivilgesellschaftlichen Engagement eine zunehmend repressive Gesetzgebung gegenüber“, kritisierte Dietlind Jochims. Unter den Geflüchteten herrsche große Verunsicherung. Eine wirkliche Beschleunigung der Verfahren sei gefragt, so die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, die auch das Engagement in der Kirchenasylarbeit würdigte, die fast ausschließlich ehrenamtlich geleistet werde.

Von den jährlich zusätzlich aufgebrachten Mitteln für die Flüchtlingsarbeit werden rund 1,1 Millionen Euro an das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung überwiesen, zu dem unter anderem „Brot für die Welt, die Diakonie Katastrophenhilfe und der Evangelische Entwicklungsdienst gehören. Diese Mittel sollen helfen, die Lebensbedingungen der Menschen in ihren Heimatländern zu verbessern. Zudem wenden die Kirchengemeinden vor Ort im Bereich der Nordkirche in diesem Jahr rund 150.000 Euro zusätzlich für die Flüchtlingshilfe auf.

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