Kunst statt Kitsch im Kirchenraum

Empfang zum Reformationsthema „Bild und Bibel“– Landeskirche investiert 2,6 Millionen Euro jährlich für den Erhalt der Kirchen

Evangelische Kirche der Pfalz

20. Juni 2015

Neustadt (lk). Ein „neuer Umgang mit Glauben“ erfordert nach Ansicht der Landauer Künstlerin Madeleine Dietz auch einen neuen, offeneren Umgang mit Kunst in Kirchenräumen: Daher sollten die Protestanten ihr „Verhältnis zur Kunst überdenken“, sagte Dietz bei einem Empfang des pfälzischen Kirchenpräsidenten Christian Schad zum diesjährigen Schwerpunktthema der Reformationsdekade „Bild und Bibel“ in der Neustadter Stiftskirche. Viele Künstler seien wieder bereit, für die Kirche zu arbeiten, denn mit theologischen Themen wie Tod und Geburt, Angst und Gewalt befasse sich auch zeitgenössische Kunst. „Der Bann ist gebrochen“, sagte Dietz und forderte „Kunst statt Kitsch“ in Kirchenräumen.

Bei dem Empfang im restaurierten protestantischen Teil der simultan genutzten Stiftskirche mit dem von der Neustadter Künstlerin Dorothée Aschoff geschaffenen Altar dankte Kirchenpräsident Schad besonders den vielen ehrenamtlichen Kirchenhütern und Kirchenführern, die durch ihr Engagement Kirchenräume als „öffentliche Wahrzeichen christlicher Kultur“ zugänglich machten. „Mit unseren Kirchengebäuden ist uns ein kultureller Schatz anvertraut, den man auftun und sich aneignen kann“, sagte Schad. Der Einladung am Freitag waren rund 160 Gäste gefolgt, unter ihnen Künstler, haupt- und ehrenamtlich im Bereich von Kunst und Kirche Engagierte sowie Politiker.

Bilder inspirieren zur Nachdenklichkeit, sie treffen „ins Herz“: Bei einem Podiumsgespräch waren sich Madeleine Dietz, der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Walter Schumacher und Kirchenpräsident Schad einig, dass das inhaltliche Ringen um einen neu gestalteten, veränderten Kirchenraum eine für die freie Kunst konstruktive Debatte ausgelöst habe. „Kunst passt in jede Kirche. Geben Sie den Künstlern eine Chance“, appellierte Dietz bei der vom Pressesprecher der Landeskirche, Kirchenrat Wolfgang Schumacher, moderierten Gesprächsrunde an die Kirchenvertreter. Kulturstaatssekretär Schumacher lobte ausdrücklich, dass sich die pfälzische Landeskirche mit ihrem „Forum Kunst und Kirche“ und einer Kunstbeauftragten des Themas ambitioniert annehme.

Kunst mache die oft versteckte, verdrängte und verschwiegene Wirklichkeit transparent, führte Schad aus. „Bilder sprechen uns in der Tiefe unseres Bewusstseins an.“ Für den Kirchenpräsidenten sind Kirchengebäude nicht nur zeitgebundene Darstellungen des christlichen Glaubens, sondern auch Orte der Identifikation der Menschen mit ihrer Heimat. Kirchen seien „Fingerzeige auf die Quelle des Lebens“ und „Freiräume des Unverfügbaren, in die Menschen einkehren, zuweilen sogar flüchten können, um hier eine Herberge, eine Schutzzone innerer Weiträumigkeit anzutreffen“, sagte Schad. Als ein Beispiel nannte der Kirchenpräsident die Neustadter Stiftskirche, die als eine der wichtigsten gotischen Sakralbauten in der Pfalz gilt, aber ebenso mit dem bilderkritischen Reformator Zacharias Ursinus verbunden sei. Angesichts mancher „Überbilderung“ brauche es, so der Kirchenpräsident, einen „heilsamen Abstand“, um nicht von der Flut der Bilder fortgerissen zu werden.

Die pfälzische Landeskirche unterhält derzeit rund 1.400 Gebäude, davon 516 Kirchen. Von 2007 bis 2012 haben die Kirchengemeinden nach Schads Worten durchschnittlich 2,6 Millionen Euro jährlich für den Erhalt ihrer Kirchenräume investiert. „So viel sind sie ihnen wert. Wenn es in Zukunft zu einer Reduzierung des Gebäudebestands kommen muss, werden wir uns bei den Kirchengebäuden die Entscheidung am schwersten machen.“

Der Empfang wurde musikalisch gestaltet von einem Auswahlchor der Neustadter Stiftskantorei unter der Leitung von Bezirkskantor Simon Reichert.

Hinweis: Im Schwerpunktjahr 2015 der von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiierten Reformationsdekade ist die Evangelische Kirche der Pfalz mit mehreren Projekten und Veranstaltungen zum Thema „Bild und Bibel“ beteiligt: Unter anderem lädt die Stiftskirche Kaiserslautern im Rahmen der Ausstellungsreihe „Bild Wort Bild“ vom 12. Juli bis 2. August zu einem Trialog zwischen Kunst, Kirchenräumen und Texten ein. Mehr zum Thema unter www.stiftskirche-kl.de.

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