Kirchenasyl: Im Notfall weiterhin ein legitimes Mittel

Evangelische Kirche von Westfalen kritisiert Neubewertung des Bundesamtes für Migration

Evangelische Kirche von Westfalen

03. Februar 2015

Westfalen. Die neue Bewertung des Kirchenasyls durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erschwert die bisherige bewährte Praxis, wird aber Kirchengemeinden nicht davon abhalten, Flüchtlingen weiterhin im Notfall Zuflucht zu gewähren. Das erklären die Verantwortlichen der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Im Januar hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine neue Einschätzung des Kirchenasyls bekannt gegeben. Sie betrifft Flüchtlinge, die nach der sogenannten Dublin III-Verordnung in ein anderes europäisches Land abgeschoben werden sollen. In der Regel drohe in diesen Fällen keine Gefahr für Leib und Leben, stellt das BAMF fest. Menschen im Kirchenasyl gelten neuerdings als „flüchtig“. Dadurch verlängert sich die Frist, nach der Deutschland für das Aufenthaltsverfahren zuständig wird, von einem halben Jahr auf eineinhalb Jahre.

„Diese Neubewertung des Bundesamts geht an der Wirklichkeit vorbei“, sagt dazu Pfarrer Helge Hohmann, der Beauftragte für Zuwanderungsarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW): „Wir wissen aus vielen unabhängigen Berichten, dass Flüchtlinge keineswegs überall in Europa menschenwürdig behandelt werden. Leider werden auch innerhalb der Europäischen Union regelmäßig die Menschenrechte verletzt.“ Die Dublin III-Verordnung führe oft zu Abschiebung in menschenunwürdige Zustände, betont Flüchtlingsexperte Hohmann: „Es kommt zu Familientrennungen, Obdachlosigkeit und Kettenabschiebungen.

Traumatisierte Menschen, Kranke oder Kinder brauchen besonderen Schutz – das wird nicht berücksichtigt.“ Die Verlängerung der Frist von einem halben Jahr auf eineinhalb Jahre bedeute für alle Beteiligten eine höhere Belastung, einen längeren Zustand der Ungewissheit. Doch die beharrliche Bereitschaft der Kirchengemeinden sei nicht zu unterschätzen, so Hohmann.

„Auch weiterhin werden Gemeinden nach sorgfältiger Abwägung Kirchenasyl gewähren“, bekräftigt Vizepräsident Albert Henz, Dezernent für gesellschaftliche Verantwortung der EKvW: „Unser Glaube fordert von uns, einem bedrohten Menschen beizustehen, wenn sämtliche juristischen Wege beschritten wurden und ein Flüchtling dennoch in eine lebensbedrohliche Situation abgeschoben werden soll. Dann ist Kirchenasyl ein legitimes Mittel, das zwar keinen rechtsfreien Raum schafft, aber im Sinne der internationalen Menschenrechte und des Grundgesetzes eine letzte Möglichkeit eröffnet.“ Menschen, denen Kirchengemeinden in diesem Sinne Zuflucht gewähren, seien nicht „flüchtig“, da die zuständige Behörde in jedem Fall informiert werde. „Im Übrigen liegt die Verantwortung für das Kirchenasyl bei Ländern und Kommunen, mit deren Ausländerbehörden wir eine gute Zusammenarbeit pflegen.“

Im Bereich der westfälischen Landeskirche gibt es derzeit 19 Kirchenasyle.
Die beiden großen Kirchen sind mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Gespräch.


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