Diakonie: EU-Bürgern nicht Hartz IV verweigern

EuGH verhandelt über Sozialleistungen. Diakonie setzt sich für existenzsichernde Sozialleistungen für arbeitsuchende EU -Bürger ein

Diakonie Deutschland

03. Februar 2015

Der Europäische Gerichtshof verhandelt heute über das Recht von EU-Bürgern, während der Arbeitsuche in Deutschland Hartz IV-Leistungen zu erhalten. Die Diakonie Deutschland unterstützt im vorliegenden EuGH-Verfahren die Klägerin gemeinsam mit dem Deutschen Anwaltsverein. "Wir hoffen, dass der EuGH in dem Verfahren eine positive Grundsatzentscheidung zur sozialen Absicherung bei der Arbeitsuche in der Europäischen Union treffen wird", sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

"Die Vorwürfe des angeblichen Sozialbetrugs oder des Missbrauchs des Freizügigkeitsrechts sind weder belegt, noch geben sie das Bild wieder, das sich täglich in diakonischen Einrichtungen und Beratungsstellen bietet. Zuwandernde aus der Europäischen Union versuchen ernsthaft, ihre Chance auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu ergreifen", betont Loheide. Die große Mehrheit der zuwandernden EU-Bürger fände ohne weiteres Arbeit in Deutschland. Viele würden erst nach ihrer Einreise nach Deutschland hilfebedürftig, wenn das Ersparte aufgebraucht sei und nicht schnell genug eine auskömmliche Erwerbsarbeit gefunden werde.

Insgesamt profitiere Deutschland erheblich von der EU-Binnenmigration. Kommunen, auf die durch die Leistungsansprüche aus den Sozialgesetzbüchern vermehrt Kosten der Unterkunft zukämen, müssten gesondert unterstützt werden, wie es die Bundesregierung bereits vorhat.
 
"Arbeitsuchende aus der Europäischen Union leben rechtmäßig in Deutschland. Sie dürfen bei Hilfebedürftigkeit nicht gesetzlich von der Grundsicherung ausgeschlossen werden. Das Grundrecht auf Menschenwürde aus Artikel 1 des Grundgesetzes muss auch ihnen zustehen", fordert Loheide. Derzeit seien sie auf die Hilfe von Wohnungsloseneinrichtungen, Tafeln oder medizinische Notdienste angewiesen, die sozialen Folgekosten seien hoch. "Fehlende Existenzsicherung ist zudem Nährboden für entwürdigende Ausbeutung. Viele Arbeitgeber in Deutschland nutzen die prekäre Lebenssituation der zuwandernden EU-Bürger aus, die keine andere Wahl haben als unhaltbare Arbeitsbedingungen und Niedriglöhne anzunehmen.

Diese besorgniserregende Entwicklung muss beendet werden."

Hintergrundinformationen:
Nachdem das höchste Gericht der EU nach einer Vorlage des Sozialgericht Leipzig im November 2014 den Ausschluss existenzsichernder Leistungen für wirtschaftlich nicht aktive EU-Bürger gebilligt hat (Rechtssache Dano), wird nun mit Spannung der Ausgang der Vorlage des Bundessozialgerichts in der Rechtssache Alimanovic erwartet, da hier ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf entstehen könnte. Denn Arbeitsuchende sind von Hartz IV-Leistungen in Deutschland gesetzlich in den Sozialgesetzbüchern II und XII ausgeschlossen, es sei denn sie leben bereits über fünf Jahre hier oder sind bereits über ein Jahr in Deutschland erwerbstätig gewesen. Das kommende Urteil, das noch in diesem Jahr erwartet wird, wird insofern viel mehr Menschen betreffen als im Dano-Fall, da Arbeitsuchende freizügigkeitsberechtigt in Deutschland leben. Im Fall Alimanovic geht es um eine arbeitsuchende Schwedin, die bereits mehrere kurzfristige Arbeitsverhältnisse in Deutschland hatte und arbeitsuchend ist.

Die ausführliche Position der Diakonie zum Freizügigkeitsrecht und Anspruch auf Sozialleistungen für EU-Bürger finden Sie unter http://www.diakonie.de/06-2014-unionsbuergerinnen-und-unionbuerger-in-deutschland-15744.html

Weitere Hintergrundinformationen zur Personenfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union gibt es im Thema kompakt unter http://www.diakonie.de/thema-kompakt-personenfreizuegigkeit-innerhalb-der-europaeischen-13658.html

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