„Matthias Claudius hat uns etwas zu sagen, auch nach 200 Jahren“

Bischof Magaard im Festgottesdienst in Reinfeld

Nordkirche

26. Januar 2015

Reinfeld (emw). Mit einem Festgottesdienst wurde heute (25. Januar) in Reinfeld das Matthias-Claudius-Jahr eröffnet. In seiner Predigt erklärte Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche): „Nicht Taten waren sein Reich, sondern Worte. Und was er dabei zu Papier brachte, das ist so schön, so zu Herzen gehend und gültig, dass wir diese Worte nach 200 Jahren immer noch lieben, sie gerne singen und weitersagen.“
 
Matthias Claudius, so Bischof Magaard, habe der deutschen Sprache wunderbare Gedichte geschenkt. Selten gehe es dabei um Haupt- und Staatsaktionen auf der großen Weltbühne. „Da hielt er Distanz und war grundsätzlich misstrauisch. Denn er sah, dass am Ende den kleinen Leuten die Rechnung präsentiert werden würde. Die Dramen des Alltags in Haus und Familie waren sein Lieblingsthema – warum sollte der erste Zahn nicht sein Lobgedicht bekommen?“ Der Welt- und Existenzbezug sei bei Claudius immer mitgedacht und so setzte er auf emotionale Intelligenz. Bischof Magaard: „Er wusste, dass alles Belehren wertlos bleibt, wenn es nicht auf die Person und das Einzelschicksal bezogen wird. Er appelliert an unser Rechtsempfinden und Mitgefühl.“
 
Auch im Predigttext (Rut 1,1-22), der die Geschichte von Rut und Noomi behandelt, stand das Schicksal der kleinen Leute im Mittelpunkt. „Wir hören eine Geschichte von Not und Hunger und Migration“, so Gothart Magaard. „Von der Integration in der Fremde wird erzählt, von erneuten Schicksalsschlägen und von der großen Ratlosigkeit.“ Aber auch von großer Solidarität, als Rut sagt: Wo du hin gehst, da will ich auch hin gehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Bischof Magaard: „Unzählige kleine Leute sind wie Rut und Noomi auf der Flucht aus den Krisengebieten der Gegenwart. Nur mit dem Allernötigsten unterwegs, ohne Schutz und Obdach.“
 
Willkommenskultur sei ein wichtiges und gutes Stichwort. Gerade angesichts mancher Ängste, Spannungen und Gegentendenzen „ist es in meinen Augen eine zentrale Aufgabe, weiter an einer Kultur der Menschlichkeit in Staat und Gesellschaft mitzuarbeiten“, so der Bischof. „Matthias Claudius‘ Wort-Bestände und Wort-Fügungen atmen einen Geist christlicher Humanität, der nie das Kleine und Schutzbedürftige vergisst – nicht den Schmerz des ersten Zahns, nicht die Tränen des Sklaven, nicht ‚den kranken Nachbarn auch‘. Wer ihn ehren will in diesem Matthias-Claudius-Jahr, der sollte ihn lesen, seine Botschaft beherzigen und hin und wieder in sein wunderbares Abendlied einstimmen: ‚Der Mond ist aufgegangen‘. Er hat uns etwas zu sagen, auch nach 200 Jahren.“
 
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