Mahnung zu wachsamem Gewissen

Militärbischof Rink erinnert zum 20. Juli 1944 an Maxime christlichen Handelns

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15. Juli 2014

Militärbischof Dr. Sigurd Rink hat sich zur 70. Wiederkehr des 20. Juli 1944 für ein wachsames christliches Gewissen ausgesprochen. In Berlin gab der erste hauptamtliche Militärbischof der EKD, der heute sein Amt angetreten hat, seiner Überzeugung Ausdruck, die Widerstandskämpfer im Dritten Reich seien vor allem ihrem Gewissen gefolgt. Durch diese „innere Instanz" seien sie zutiefst geprägt gewesen. Die Männer des 20. Juli wie Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Henning von Tresckow, Fabian von Schlabrendorff und Ludwig Beck könnten heute Beispiel für Risikobereitschaft und persönlichen Mut sein. Die Attentäter hätten sich allerdings auch Begriffen wie Pflicht und Ehre verbunden gefühlt, wie sie heute kaum mehr zu fassen seien.

Der militärische Widerstand wollte dem „Rad in die Speichen fallen" - zitiert der Bischof den Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) - und der habe damit den unbedingten Willen bezeugt, den Mächtigen im Dritten Reich und dem militärischen Untergang Deutschlands Einhalt zu gebieten.

Es gehöre zur Tragik der Zeitläufte zwischen 1933 und 1945, so Rink weiter, dass dem Widerstand mit den Anschlägen auf Adolf Hitler kein Erfolg beschieden und der Tyrannenmord gescheitert sei. An die Gewissensentscheidung der Männer des 20. Juli gelte es heute zu erinnern, weil ihr Denken an sich von unbedingtem Gehorsam und dem Eid auf den Führer Adolf Hitler geprägt gewesen sei. Davon hätten sie sich aus Gewissensgehorsam frei gemacht. Das biblische Zeugnis aus Römer 13, der Obrigkeit untertan zu sein, habe für den Widerstand eine hohe Bedeutung besessen. Dennoch hätten die Offiziere gegen Hitler gezeigt, dass das Gewissen für einen Christen unüberhörbar sei und er es immer neu an der Heiligen Schrift prüfen müsse.

Noch heute, so der evangelische Theologe weiter, sei die Gewissensentscheidung eine Zentralinstanz menschlicher Lebensführung. Der Theologe Bonhoeffer habe das christliche Gewissen damit bestimmt, dass es aus einer Tiefe jenseits des eigenen Willens und der eigenen Vernunft sich zu Gehör bringe. Es sei ein Ruf der menschlichen Existenz zur Einheit mit sich selbst. Weniger auf ein bestimmtes Tun gerichtet, als auf ein bestimmtes Sein.

In der Tradition des Protestantismus entscheide das Gewissen weniger über Gut und Böse, sondern motiviere das eigene Handeln. Das christliche Gewissen orientiere sich dabei notwendig an der Heiligen Schrift und lasse sich von ihr leiten. Ein wachsames Gewissen sei für eine moderne Gesellschaft unverzichtbar und bilde das Fundament für jedes christliches Handeln.

Sigurd Rink hat sich schon mehrfach mit der Gewissensfrage anlässlich des 20. Juli auseinander gesetzt und dazu mit Jürgen-Lewin von Schlabrendorff, einem Sohn des Widerstandsoffiziers Fabian von Schlabrendorff (1907-1980), über die Bedeutung des militärischen Widerstands im Zweiten Weltkrieg Gespräche geführt.

Im biblischen Brief des Apostels Paulus an die Römer, Kapitel 13, 1, heißt es: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit, außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet." Martin Luther hat daraus das Verhältnis des Gläubigen zu staatlicher Gewalt bestimmt und damit einer hohen Loyalität gegenüber der Obrigkeit den Weg bereitet. Mit dieser Tradition musste der deutsche Widerstand sich auseinandersetzen, bevor er sich zum Tyrannenmord entschloss.

Berlin, 15. Juli 2014

Evangelisches Kirchenamt für die Bundeswehr
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