Württembergische Landessynode kritisiert Anschaffung von Kampfdrohnen

Im kommenden Jahr Ideenwettbewerb zum Reformationsjubiläum

Evangelische Landeskirche in Württemberg

04. Juli 2014

Bei ihrer Sommertagung vom 4. bis 5. Juli im Stuttgarter Hospitalhof hat die Württembergische Evangelische Landessynode am heutigen Freitag die Anschaffung von bewaffneten Drohnen debattiert und kritisiert. Außerdem berieten die 94 Synodalen über das Reformationsjubiläum 2017 und die zugehörigen Projekte und Veranstaltungen bis dahin. Für den Nachmittag stehen die Mittelfristige Finanzplanung sowie der erste Nachtragshaushalt 2014 auf der Tagesordnung. Um 18 Uhr gibt es noch eine Premiere: ein „Synodic Viewing“ des WM-Spiels Frankreich-Deutschland im Innenhof des neuen Hospitalhofs.
 
In der Debatte über die Anschaffung bewaffneter Kampfdrohnen durch die Bundeswehr warb Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July für mehr Friedensanstrengungen: „Wir müssen unsere Intelligenz, Finanzmittel und politische Kraft viel früher dazu einsetzen, dass kriegerische Konflikte erst gar nicht entstehen. Darum sollten wir uns auch als Kirche sehr dafür einsetzen, dass wir aus dem falschen Kreislauf militärischer Logik herauskommen.“ Ethische Kritik an unbemannten Kampfdrohnen hält July allerdings für übertrieben. „Ob es einen höheren Tugendgrad hat, wenn ein Bomberpilot im Flugzeug sitzt, ist fraglich", sagte er. Konflikte wie in Ruanda, Sudan und Nigeria zeigten, dass man auf militärische Polizeigewalt, wie sie in Blauhelmeinsätzen stattfände, als allerletztes Mittel nicht verzichten könne.
 
Brigitte Lösch, Landtagsvizepräsidentin und Landessynodale sagte: „Ich meine: Die Gefahr, unschuldige Menschen zu töten, ist zu groß. Die Auswahl der Ziele kann man nicht sicher begrenzen. Ich wünsche mir, dass wir die Debatte, ob Drohnen vor Tod schützen oder den Tod bringen, weiterführen – auch in unseren Kirchengemeinden. Es ist unsere Aufgabe als Christinnen und Christen, diese ethische Diskussion zu führen.“
 
Tabea Dölker, die auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört, nannte als wichtige Fragestellung für Christen: „Wie können wir einen gerechten Frieden in den Regionen fördern?“ Sie befürchte, dass die Kriegsführung mit Kampfdrohnen den Terrorismus noch bestärken könnte: „Das Leiden der Opfer entzieht sich der Wahrnehmung des Soldaten, der den Einsatz tausende Kilometer entfernt von einem Computer aus durchführt. Letztlich handelt es sich um eine einseitige, effiziente Steigerung der Tötung von Menschen".
 
Auch die weiteren Debattenteilnehmer äußerten sich überwiegend ablehnend zur Anschaffung von unbemannten Kampfdrohnen in der Bundeswehr. Das „automatisierte Auffinden von Opfern“ via Handy-Ortung oder Körperwärmesensoren könne nicht christliches Ziel sein, sagte Martina Klärle, Professorin für Geo-Information, die sich nach eigenen Angaben auch wissenschaftlich mit Drohnen befasst. Dekan Siegfried Jahn aus Blaufelden (Hohenlohe) vertrat dagegen die Ansicht, militärische Gewalt müsse als allerletztes Mittel zur Verfügung stehen, um in einer „nichterlösten Welt“ Schlimmstes zu verhindern.
 
Oberkirchenrat Prof. Ulrich Heckel erinnerte an die landeskirchliche Kommission zur Rüstungskonversion und eine Tagung der Evangelischen Akademie Bad Boll zu Fragen der Rüstungsproduktion und -exporte, die im Gebiet der württembergischen Landeskirche mit großen Unternehmen der Branche besonders virulent seien. Die Kommission arbeite an einem Text für eine landeskirchliche Erklärung zu friedensethischen Fragen und die Diskussion würde in der Landeskirche weiter geführt.
 
Synodalpräsidentin Inge Schneider kündigte für 2016 einen Schwerpunkttag der Landessynode zu Friedens- und Rüstungsthemen an.
 
Die Beauftragte für das Reformationsjubiläum 2017, Kirchenrätin Dr. Christiane Kohler-Weiß kündigte für das kommende Jahr einen Ideenwettbewerb zum Reformationsjubiläum 2017 an. Gute Ideen von der Basis sollten den Gedanken der Reformation in die Öffentlichkeit bringen. Schon in diesem Jahr wird neben anderen Veranstaltungen unter dem aktuellen Reformationsjahrtitel „Reformation und Politik“ ein politischer Stammtisch-Sonntag am 21. September 2014 stattfinden. Außerdem soll es 2016 einen Kirchengemeinderatstag in Fellbach geben. Rund 10 Millionen Euro werde die Landeskirche für Veranstaltungen bis und zum Reformationsjubiläum zur Verfügung stellen.
 
Zu Beginn der Synodaltagung feierten die Synodalen einen Gottesdienst in der Hospitalkirche. Zur ersten Tagung der Landessynode im neuen Hospitalhof überreichte Synodalpräsidentin Inge Schneider der Leiterin des Hospitalhofs, Pfarrerin Monika Renninger, ein Kreuz aus Stahl, das der stellvertretende Präsident der Landessynode Werner Stepanek, geschmiedet hat. Kirchentagspräsident Professor Dr. Andreas Barner, Forschungs- und Entwicklungschef sowie Sprecher der Unternehmensleitung des zweitgrößten deutschen Pharmaherstellers Boehringer Ingelheim, nannte in einem Grußwort die Kirchentagsgäste „Mitglieder des ökumenischen Bauteams Gottes an einer weltumspannenden Kathedrale.“ Der Kirchentag werde nicht ohne Diskussion, ohne Meinungsunterschiede und Widerspruch sein, „aber es wird auch ein sichtbares und hörbares Aufeinanderzugehen geben, den nachdenklichen Austausch beim Versuch einander zu verstehen - wir werden ein gemeinsames Fest des Glaubens feiern.“
 
Am Nachmittag beschäftigt sich die Synode mit der Mittelfristigen Finanzplanung sowie dem Nachtragshaushalt 2014. Um 18 Uhr wird es dann im Innenhof des Hospitalhofs eine Premiere geben: Das „Synodic Viewing“ des WM-Viertelfinalspiels Deutschland-Frankreich.
 
Am Samstag wird sich die Synode mit dem Kirchentag in Stuttgart, der EKD-Mitgliederstudie (KMU) sowie der wissenschaftlichen Auswertung der Kirchenwahl beschäftigen.
Die 94 Landessynodalen tagen noch bis Samstagabend.      

Aktuelle Berichterstattung finden Sie hier:
http://www.elk-wue.de/landeskirche/landessynode/sommertagung-2014/freitag-4-juli-2014/
 
Stuttgart, 04. Juli 2014

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