Organtransplantation

Der menschliche Körper – ein Mittel zum Zweck?

Evangelische Frauen in Deutschland e.V.

25. November 2013

In der Transplantationsmedizin werde der menschliche Körper gebraucht, verbraucht, sei Mittel zum Zweck, erläuterte am vergangenen Donnerstag Ulrich Eibach auf einem Studientag zur Organtransplantation, zu dem die Evangelischen Frauen in Deutschland e.V. (EFiD) bundesweit eingeladen hatten. „Das widerspricht der Menschenwürde“, stellte der Theologe, Professor für Systematische Theologie und Ethik, klar. Der menschliche Körper sei kein Besitzgegenstand, mit dem Tod falle er nicht in zurück in den Besitz der Angehörigen oder der Gesellschaft, sondern in Gottes Hand, erläuterte der Klinikseelsorger und Pfarrer im Ruhestand.

Ob es dennoch eine sittliche Pflicht oder gar ein Gebot der Nächstenliebe sein könnte, Organe zu spenden, fragte Eibach. „Dann wäre es moralisch und sittlich nicht zu rechtfertigen, das zu verweigern. Der Akt der Nichtzustimmung wäre dann ein Akt der Unbarmherzigkeit.“ Nächstenliebe im eigentlichen Sinne setze jedoch voraus, dass zwischen Geber und Nehmer ein Mindestmaß an Beziehung bestehe. Der Spender sei aber zum Zeitpunkt der Explantation zu keiner personellen Beziehung mehr in der Lage, und das Verhältnis von Spender und Empfänger anonym und versachlicht. „Druck auf andere zur Organspende auszuüben mit dem Argument der Nächstenliebe ist Manipulation“, schlussfolgerte Eibach.

„Je erfolgreicher die Transplantationsmedizin ist, desto expansiver ist sie – und desto mehr Organe benötigt sie“, erklärte Gesundheitswissenschaftlerin Alexandra Manzei. Es werde aber nie genug Organe geben, selbst dann nicht, wenn alle Deutschen einen Organspendeausweis hätten. „Organe von Leichen – kalt und steif – können wir nicht verpflanzen. Wenn das ginge, hätten wir keinen Organmangel.“ Der ständig steigende Organbedarf ist für die Professorin der Philosophisch-theologischen Hochschule Vallendar ein strukturelles Problem der Medizin. Viele Organschäden entstünden durch Zivilisationskrankheiten und billige Medikamentenverordnungen. „Sollten wir nicht lieber eine Medizin fördern, die nicht die Verwertung sterbender Menschen voraussetzt?“, regte Manzei an.

Einen ausführlichen Bericht über den Studientag finden Sie unter http://www.evangelischefrauen-deutschland.de.

Weitere Referentinnen und Referenten des Studientages der Evangelischen Frauen Deutschland e.V. (EFiD) waren die Theologin Ruth Poser, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Evangelische Theologie der Universtität Marburg, Vera Regitz-Zagrosek, Professorin für Frauenspezifische Gesundheitsforschung und Direktorin des Institutes für Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité Berlin, Kristina Dronsch, EFiD-Referentin für Frauen und Reformationsdekade, Thorsten Doede, Mitarbeiter der Deutschen Stiftung Organtransplantation und Harald Terpe, Bundestagsabgeordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Frauenwerk im Haus kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers statt. Gefördert wurde sie aus Mitteln der Hanns-Lilje-Stiftung.

EFiD ist die Stimme evangelischer Frauen in Kirche und Gesellschaft. EFiD fördert und unterstützt die Arbeit von und mit Frauen in kirchlichen Bezügen und ermutigt Frauen, in der heutigen Welt als Christinnen zu leben. Mit frauenspezifischer Kompetenz und Sicht setzt der Verband theologische, spirituelle, sozialdiakonische und politische Impulse. Zur EFiD gehören 38 Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 3 Millionen Mitgliedern.

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