Mobbing, Leistungsdruck oder ein Trauerfall: Seelsorge in den Schulen wird ausgebaut

Interesse nach Winnenden gestiegen – Seelischer Beistand mit dem „Trauerkoffer“

Evangelische Landeskirche in Baden

06. September 2013

Leistungsdruck, Prüfungsangst, Mobbing oder ein Trauerfall in der Familie: Viele Kinder und Jugendliche stehen zu Beginn des neuen Schuljahres vor großen Problemen. Damit sie in der Schule qualifizierte Ansprechpartner finden, baut die Evangelische Landeskirche in Baden die Schulseelsorge deutlich aus.

„Das Interesse der Schulen daran steigt, nicht zuletzt seit dem Amoklauf von Winnenden“, sagt Kirchenrätin Sabine Jestadt, die im Evangelischen Oberkirchenrat Karlsruhe für die Ausbildung der Schulseelsorgerinnen und Schulseelsorger zuständig ist. Die Fortbildungen begannen auf Initiative des Bildungsreferenten, Oberkirchenrat Christoph Schneider-Harpprecht, bereits 2008.

Rund 170 Religionslehrkräfte besuchten seitdem entsprechende  Fortbildungsangebote, 50 von ihnen sind bereits von der Landeskirche zertifizierte Schulseelsorger. „Sie werden von den Schulen angefordert und arbeiten dort mit den Vertrauenslehrern und bei einer akuten Krise mit den örtlichen Notfallseelsorgern zusammen“, betont Jestadt. Überdurchschnittlich groß sei das Interesse in Förder- und Berufsschulen.

Ein Amoklauf wie in Winnenden ist die große Ausnahme, im Alltag von Schulseelsorgerinnen und –seelsorgern geht es eher um Einzelschicksale. „Sie müssen in kurzen Gesprächen, manchmal zwischen Tür und Angel, herausfinden: Wo drückt der Schuh?“, beschreibt Jestadt die Besonderheit der Arbeit. Die Religionslehrer werden darin geschult, Konfliktsituationen zu entschärfen und Jugendliche zu begleiten, die mit häuslichen Sorgen oder schulischem Druck nicht zurechtkommen.

Die Bandbreite der Themen ist groß. „Ein Schulseelsorger kümmerte sich um einen Schüler, dessen abhängige Mutter im Sterben lag. Der Jugendliche schlief schlecht, hatte Albträume, seine schulischen Leistungen wurden immer schlechter“, berichtet Kirchenrätin Jestadt von einem konkreten Fall. Auch wenn plötzlich klar wird, dass ein Traumberuf unerreichbar bleiben wird, leistet der Schulseelsorger Beistand. „Sonst geht es um Sorgen und Nöte im Elternhaus oder um Glaubensfragen. Die Schulseelsorge ist selbstverständlich ein Angebot für Jugendliche aller Konfessionen – und wird auch so angenommen.“

Die Seelsorger sind ebenfalls bei einem Trauerfall in der Schule gefragt, beim Tod eines Schülers oder einer Lehrkraft. Sie können dann schnell ein Trauerritual durchführen. „Dafür haben sie einen ‚Trauerkoffer‘, eine Art geistliches ‚Erste-Hilfe-Set‘“, berichtet Jestadt. Darin befinden sich unter anderem Kerzen, ein Kreuz, ein Trostbuch, ein dunkles Tuch und ein Bilderrahmen.

Karlsruhe, 06. September 2013

Evangelische Landeskirche in Baden
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