Landesbischof July regt Konsultationsprozess an

Lobende und kritische Worte für die EKD-Orientierungshilfe

Evangelische Landeskirche in Württemberg

25. Juni 2013

Vor Kurzem hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) seine Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit: Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ vorgestellt. Dazu nimmt Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July wie folgt Stellung:

„Die Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland ist ein bemerkenswertes Dokument: In vielen eindrücklichen Passagen wird eine Analyse und Bestandsaufnahme der Familienverhältnisse (oder Nichtverhältnisse) von heute vorgelegt. Sie zeichnet kein idealtypisches Kunstbild, sondern gibt eine differenzierte Beschreibung von Lebenssituationen und Lebensverhältnissen. Dabei gelingt es, die gesellschaftspolitische Breite und Vernetzung der familienpolitischen Debatten und Fragestellungen in ihrer Vielfalt zu zeigen. Dafür ist den Verfasserinnen und Verfassern ausdrücklich zu danken.

Gleichzeitig nehme ich jedoch deutlich wahr, dass der institutionelle Aspekt der Ehe fast lautlos aufgegeben oder pauschal („entspricht nicht der Breite des biblischen Zeugnisses“, vgl. S. 54) zurückgewiesen wird. Dabei wissen wir – etwa im Zusammenhang mit Fragen der Gerechtigkeit –, dass es auch eine Ethik der Institutionen geben muss, die nicht durch eine Ethik der personalen Beziehungen ersetzt werden kann. Zu wenig sehe ich die Bedeutung der so genannten klassischen Familie geachtet. Und das Ziel der lebenslangen Treue halte ich für nicht aufgebbar. Sie ist schließlich abgeleitet von der ewigen Treue Gottes zu den Menschen. Auch das vielfache Scheitern streicht dieses Ziel nicht aus. Sehr schnell wird aus der Beschreibung der gesellschaftlichen Veränderungen auch die Festlegung eines neuen Familienbegriffs.

Grundsätzlich bin ich im Zweifel, ob bei solch grundlegenden Fragen – wie in der vorgelegten Orientierungshilfe – das Verfahren zur Entstehung sachgerecht ist. Manche Christen in unserer Landeskirche fühlen sich desorientiert statt orientiert. Als evangelische Kirche tun wir gut daran, bei derartigen Fragen in einem ausführlichen Konsultationsprozess die Landeskirchen, Synoden, Kirchengemeinderäte etc. zu beteiligen, um zu einer weithin getragenen Orientierung zu kommen. Eine solche Konsultation rege ich ausdrücklich an. Das evangelische Württemberg wird sich in einem solchen Prozess mit der ganzen Bandbreite der hier vertretenen Auffassungen einbringen – auch mit der Überzeugung, dass die Institution der Ehe nach wie vor eine besondere Bedeutung für die Gesellschaft hat.“

25. Juni 2013

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