Lerngeschichte der Toleranz

EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider hält Festvortrag im Braunschweiger Dom

Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig

23. Januar 2013

Für eine aktive Toleranz, die vom Respekt für andere Positionen und religiöse Bindungen geprägt ist, hat sich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Dr. h.c. Nikolaus Schneider (Düsseldorf), am Mittwoch, 23. Januar, beim Abend der Begegnung der Landeskirche Braunschweig eingesetzt. Für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft reiche eine passive „Duldungs-Toleranz“ nicht mehr aus, sagte er im Braunschweiger Dom. Neben einem selbstbewussten Vertrauen in die eigenen Glaubensüberzeugungen sei Demut gegenüber den eigenen Wahrheitserkenntnissen gefordert. Absolutheitsansprüche führten zur Unterdrückung der Freiheit und der Rechte anderer Menschen.

Schneider sprach von einer „christlichen Lerngeschichte in Sachen Toleranz“. Positive Beispiele aus jüngerer Zeit seien die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) sowie die Erklärung des Lutherischen Weltbundes (LWB) und der römisch-katholischen Kirche zur lutherischen Rechtfertigungslehre. Von einem geduldeten Nebeneinander seien die Kirchen zu einem respektvollen Miteinander gelangt. Außerdem unterstrich der Ratsvorsitzende die Bedeutung der über 8000 evangelischen Kindertagesstätten und rund 1000 evangelischen Schulen in Deutschland für die Ausbildung einer aktiven Toleranz.

Schneider räumte aber auch ein, dass die christliche Kirche eine „lange und schuldhafte Geschichte der Intoleranz“ hinter sich habe. So sei Martin Luther nicht als Verfechter von Toleranz, sondern als Eiferer bekannt. Sowohl seine Schriften gegen die Juden als auch seine Haltung zur Verfolgung der Täuferbewegung und zu Hexenverbrennungen würden heute zu Recht als Belege einer „todbringenden Intoleranz“ erkannt. Dieser Schatten müsse sich die evangelische Kirche im Zugehen auf das Reformationsjubiläum 2017 stellen.

Auch Landesbischof Weber erinnerte in einer Andacht an die Verantwortung der Kirche für das Gemeinwesen und den Frieden. Neben einem gerechten Miteinander der Geschlechter gehe es auch um die Gestaltung der Energiewende und den Schutz für Flüchtlinge. So werde das Licht der Weihnacht in das neue Jahr hineingetragen. Der Abend der Begegnung ist der traditionelle Jahresempfang der Landeskirche Braunschweig für Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur.

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Braunschweig, 23. Januar 2013