LWB ermutigt Kirchen in Indien, Ruf nach Geschlechtergerechtigkeit zu unterstützen

Generalsekretär Junge: Es ist notwendig, das Schweigen über die Gewalt gegen Frauen zu brechen

Lutherischer Weltbund (LWB)

16. Januar 2013

Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfr. Martin Junge, hat erklärt, dass der brutale Übergriff und die Vergewaltigung, die zum Tod einer jungen Frau in Neu Delhi geführt haben, eine schmerzvolle Mahnung seien, dass „das Erreichen der Geschlechtergerechtigkeit eine Frage von Leben und Tod ist“.

In einem offenen Brief an die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche in Indien (VELKI) vom 14. Januar schrieb Junge, der LWB bitte Gott um Kraft und Mut für die Familie des Opfers und für alle, die den Tod der jungen Frau infolge dieser masslosen Gewalt betrauerten.
Nach Medienberichten wurden die Frau und ihr männlicher Begleiter am 16. Dezember 2012 in einem Bus in Neu Delhi angegriffen. Zwei Wochen später erlag die Frau in einem Krankenhaus in Singapur ihren schweren Verletzungen.

Der Generalsekretär betonte, dass dieser konkrete Fall erneut gezeigt habe, dass in ungerechten Geschlechterverhältnissen eine implizite Gewalt verankert sei, die immer wieder in Gewalttätigkeiten Ausdruck finde, eine Erfahrung, die viele Frauen in aller Welt heute machten und für die sie „manchmal mit ihrem Leben bezahlen“ müssten.

Der Fall hat Proteste in Indien hervorgerufen: Die Menschen fordern strengere Gesetze bei Verbrechen, die im Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen stehen. Für den LWB-Generalsekretär hebt sich diese bemerkenswerte Reaktion ab von dem „Leugnen und Schweigen“, das in ähnlichen Fällen häufig vorherrsche. Es sei ein Zeichen der Entschlossenheit der indischen Zivilgesellschaft, zu fordern, dass „ es endlich zu einem Wandel kommt“.

In seinem Brief an die VELKI, der LWB-Mitgliedskirchen in Indien angehören, ermutigte Junge die Kirchen dazu, die Zivilgesellschaft zu unterstützen bei ihrem „mutigen Schritt“ hin zu einem tiefergehenden Wandel, der vonnöten sei, damit Gewalttätigkeiten wie jene, die die junge Frau erleiden musste, „nie wieder vorkommen“.

Der Generalsekretär drückte den lutherischen Kirchen in Indien seine Dankbarkeit für ihre Arbeit im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit aus und ermutigte sie, ihr Engagement in diesen Programmen noch weiter zu vertiefen und so einen Beitrag zur aktuellen öffentlichen Diskussion zu leisten. Er empfahl ihnen hilfreiche Veröffentlichungen der lutherischen Gemeinschaft zum Thema, darunter das LWB-Dokument „Kirchen sagen ‘Nein’ zur Gewalt gegen Frauen“, das in vier in Indien gesprochene Sprachen übersetzt wurde, sowie die Publikation „So soll es nicht sein unter euch! Eine Betrachtung über Geschlecht und Macht aus der Sicht des Glaubens“.

Junge schrieb, dass LWB-Mitgliedskirchen in anderen Teilen der Welt aus ähnlich schmerzvollen Situationen lernen würden, dass für das Erreichen von gerechten Beziehungen zwischen Männern und Frauen eine tiefe und gebetsorientierte Selbstprüfung der Kirche nötig sei.
Im LWB „haben wir erkannt, dass dies am besten mit klaren Richtlinien erreicht wird, in denen eine Null-Toleranz-Regel bei sexueller Gewalt festgelegt ist, und mit der Einrichtung von Verfahren für die Anzeige von Missbrauch“.

In seinem offenen Brief rief er alle LWB-Mitgliedskirchen auf, ihr Entsetzen über die unsagbare Gewalt und die daraus folgende Lähmung zu überwinden und sich noch stärker für Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen. „Das Schweigen über Gewalt muss gebrochen und das Bewusstsein für dieses Problem geschärft werden, Menschen in Leitungspositionen müssen sensibilisiert und neue Grundsätze dazu entwickelt werden“, so Junge.

Der LWB ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegründet, zählt er inzwischen 143 Mitgliedskirchen, denen rund 70 Millionen ChristInnen in 79 Ländern weltweit angehören. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. ökumenische und interreligiöse Beziehungen, Theologie, humanitäre Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit. Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz).

Genf, 16. Januar 2013

The Lutheran World Federation
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