„Die vielen Krisen der Ökumenischen Bewegung sind Ergebnis wachsender Nähe“

EKHN-Synode verpflichtet sich zu weiterer Mitarbeit im Ökumenischen Rat der Kirchen

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

18. Mai 2003

„Es gibt keine Alternative zu einem handlungsfähigen Ökumenischen Rat der Kirchen“. Mit diesen Worten hat sich die derzeit in Frankfurt tagende Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in den Konflikt um den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) eingemischt.

Der ÖRK mit Sitz in Genf bündelt auf Weltebene über 300 evangelische und orthodoxe Kirchen. Die katholische Kirche arbeitet mit Gaststatus mit. Theologische und politische Differenzen sowie finanzielle Schwierigkeiten hatten die Arbeit des ÖRK in den vergangenen Monaten erschwert. Insbesondere orthodoxe Kirchen hatten seine gesellschaftspolitische Ausrichtung sowie einen unklaren Kirchenbegriff kritisiert. Der Bericht einer „Sonderkommission zur orthodoxen Mitarbeit im ÖRK“ hatte deshalb erhebliche Änderungen empfohlen. Insbesondere die vorgeschlagene Einführung des Konsensprinzips bei politischen Stellungnahmen sowie die Aufgabe gemeinsamer ökumenischer Gottesdienste hatten zu harscher Kritik geführt. Unter anderen hatte auch die Bischöfin der hannoverschen Landeskirche, Margot Käßmann, deshalb ihre langjährige Mitarbeit im ÖRK beendet.

Krise als Erfolg

In einem „Synodenwort zu den Beziehungen der EKHN zum ÖRK“ hat die Synode der EKHN nun dazu Stellung bezogen. Darin heißt es: „Die vielen Krisen der Ökumenischen Bewegung sind Ergebnis wachsender Nähe“, somit auch ein Ausdruck der Erfolgsgeschichte des ÖRK, denn er habe es verstanden, aus dem Nebeneinander der vielen Kirchen eine Gemeinschaft zu bilden, in der die Differenzen nun spürbar würden.

Kritik am neuen Kurs

Ausdrücklich unterstützt die Synode die Forderung der Kommission, den Charakter des ÖRKs als einer weltweiten Gemeinschaft  von Kirchen zu stärken, denn der ÖRK sei mehr als „ein Forum zur Behandlung sozialer und ethischer Fragen“. Deshalb lehnte die Synode der EKHN auch die Empfehlung der Kommission als „theologisch nicht vertretbar“ ab, in Zukunft keine gemeinsamen ökumenischen Gottesdienste mehr zu feiern oder sie zumindest nur noch „ökumenische Andachten“ zu nennen. Die Synode beharrt: „wir möchten, dass es bei Versammlungen des ÖRK weiterhin ökumenische Gottesdienste geben wird“.

Der Begriff Gottesdienst ist im Gegensatz zur evangelischen Tradition für orthodoxe und katholische Kirchen unmittelbar mit der Eucharistie beziehungsweise dem Abendmahl verknüpft. Da über dieses Sakrament aber keine Einigkeit besteht, werden Gottesdienste in der Regel als reine „Wortgottesdienste“ - also ohne Abendmahl - gefeiert. Diesen Unterschied soll nun die Unterscheidung in Andachten (prayer: ohne Abendmahl und ökumenisch) und Gottesdienste (service: mit Abendmahl/Eucharistie und nur innerhalb einer Kirche) deutlicher machen.

Sich möglichst nicht auf Fremdes einlassen?

Die Empfehlung zu Trennung der Gottesdienste, so die EKHN-Synode, dürften „nicht das letzte Wort in dieser Sache sein“. Sie solle „neu überdacht werden“. Die EKHN-Synode kritisiert, dass offenbar  „im gottesdienstlichen Leben die Differenz und in Entscheidungsprozessen der Konsens betont wird“.  Sie argwöhnt, dass es eigentlich darum gehe, „sich möglichst nicht auf Fremdes einzulassen?“ Die Synode betont dem gegenüber die Freude „am geistlichen Reichtum anderer Kirchen“.

Synode: Finanzen stabilisieren

Die EKHN-Synode sichert trotz erheblicher Einbußen in diesem Jahr zu, auch weiterhin an einer verlässlichen Finanzierung des ÖRK mitzuwirken. Zugleich begrüßt sie die Bestrebungen des ÖRK, von einer größeren Zahl der Mitgliedskirchen Beiträge zu erheben. Finanzielle Engpässe hatten den ÖRK gezwungen, seinen Stab an Mitarbeitenden von 350 im Jahr 1991 auf 150 im Jahr 2003 zu reduzieren.

Für engere Kooperation mit Regionen und mit dem Vatikan

„Im  Zeitalter der Globalisierung ist der ÖRK mehr denn je gefragt,“ so die EKHN-Synode. Er solle auch weiterhin die Christenheit aktiv vertreten und „die Stimme der Opfer und Ausgeschlossenen der Globalisierung zu Gehör bringen“. Die Synode empfiehlt dem ÖRK, künftig stärker mit den Regionen und mit dem Vatikan zusammen zu arbeiten. Sie äußerte sich optimistisch, dass der ÖRK seine interne Krise mit Hilfe der verbindenden Kompetenzen lösen werden, die er sich in seiner nunmehr über 50 jährigen Geschichte erworben habe. Die Synode wörtlich: „In diesem Sinne verpflichten wir uns auch weiterhin zur Mitarbeit im ÖRK und suchen nach Wegen, um seine Bedeutung als Instrument zur Erneuerung der Kirchen zu stärken.“

Darmstadt, den 18. Mai 2003

Verantwortlich:
gez. Pfarrer Stephan Krebs
Pressesprecher