Dankbar für Versöhnung und Vergebung

Bischöfe am Oberrhein zu 60 Jahre Kriegsende

Evangelische Landeskirche in Baden

03. Mai 2005

Aus Anlass des 60. Jahrestages des Kriegsendes haben die Bischöfe und Kirchenpräsidenten am Oberrhein ein gemeinsames Wort veröffentlicht. Darin zeigen die Bischöfe Dankbarkeit für die gewachsene Versöhnung und Verständigung zwischen den Völkern und sprechen sich für weitere Schritte gemeinsamen Handelns aus. Das Wort der Bischöfe im Wortlaut:

„In diesen Tagen feiern wir beiderseits des Rheines 60 Jahre Befreiung und Ende des 2. Weltkrieges sowie 60 Jahre Frieden. Gemeinsam danken wir für 60 Jahre Frieden und Wohlstand und bedenken die vor uns liegenden Aufgaben, um Frieden und Versöhnung in unserer Region weiter zu entwickeln.

Der Rhein wer und ist eine Grenze zwischen Völkern und Nationen, zwischen Kulturen und Konfessionen. Diese Grenze wurde immer wieder zum Schauplatz von gewalttätigen Übergriffen, militärischen Auseinandersetzungen und Kriegen. Alle Leiden, die während dieser dunklen Zeit Menschen auferlegt und von ihnen erlitten wurden, führen uns dazu, gemeinsam um Vergebung zu bitten für den Anteil, den wir oder unsere Väter zu verantworten haben als einzelne Personen oder als Gemeinschaft. Wir klagen alles an und weisen alles zurück, was sich heute noch auf diese menschenverachtende Ideologie beziehen will. Viele Gedenkstätten auf beiden Seiten des Rheines erinnern an diese Geschichte. Erinnerung ist die Quelle der Versöhnung.

So sind wir dankbar für die Vergebung, die wir in diesen Jahrzehnten erfahren haben, und für alle Menschen, die sich für Versöhnung eingesetzt haben. Wir sind dankbar für viele ökumenische Gelegenheiten und Gottesdienste, Feste und Begegnungen beiderseits des Rheines und über den Rhein hinweg.

Diese Versöhnungsgeschichte bedeutet für uns eine weitere Aufgabe und Verpflichtung. Im Jahr 2001 wurde in Straßburg die Charta Oecumenica unterzeichnet mit Leitlinien und Selbstverpflichtungen für die wachsende Zusammenarbeit der Kirchen in Europa und für unser christliches Zeugnis und unseren Dienst für Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit – nicht nur in unserer Region, sondern in Europa und darüber hinaus.

Heute leben und bekennen wir unseren christlichen Glauben gemeinsam. Das bedeutet für unsere Kirchen, Gemeinden und Einrichtungen, dass wir nicht aufhören, die Sprache der Nachbarinnen und Nachbarn am Rhein zu lernen; dass wir in allen Lebensbereichen immer mehr gemeinsam sagen und tun; dass wir uns bemühen um die Annahme und Integration neu zugewanderter Menschen und dass wir den Dialog zwischen verschiedenen Glaubensgemeinschaften und Religionen auf beiden Seiten des Rheines weiterführen.

Am Rhein wollen wir nicht wieder zu einer abgeschotteten Festung werden, auch nicht zur Festung Europa. Wir werden uns in unseren Kirchen und Gemeinden einsetzen für Gerechtigkeit und Menschenrechte auch in anderen Ländern und Kontinenten.

Wir grüßen Sie als Kirchen und Gemeinden an den beiden Ufern des Rheinflusses mit einem biblischen Wort, das segensreiches Wasser verheißt: „Jesus Christus spricht: Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Johannes 7,38).“

Im Mai 2005

Prof. Dr. Jean François Collange
Kirchenpräsident der Protestantischen Kirche Augsburger Konfession in Elsass und Lothringen

Jean-Paul Humbert
Kirchenpräsident der Protestantisch-Reformierten Kirche in Elsass und Lothringen

Monsignore Joseph Doré
Erzbischof von Straßburg

Dr. Robert Zollitsch
Erzbischof des Erzbistums Freiburg

Dr. Ulrich Fischer
Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Baden

Karlsruhe, 03. mai 2005

Für die Richtigkeit:

Marc Witzenbacher
Pressesprecher