Wir brauchen eine klare theologische Sprache

70 Jahre „Evangelium und Kirche“

Evangelische Landeskirche in Württemberg

26. April 2004

Eine klare theologische Sprache und Identität forderte der Stuttgarter Prälat Martin Klumpp angesichts einer multikulturellen, säkularisierten, individualisierten und multireligiösen Gesellschaft. Klumpp sprach für die Kirchenleitung der württembergischen evangelischen Landeskirche beim 70-jährigen Jubiläum der ehemaligen Evangelischen Bekenntnisgemeinschaft in Württemberg, dem heutigen Gesprächskreis „Evangelium und Kirche“ am 25. April im Stuttgarter Hospitalhof.

Klumpp regte an, das im Grundgesetz gefasste und in der Praxis bewährte Staat-Kirche-Modell von Deutschland verstärkt in Europa einzubringen. Darin seien Staat und Kirche zwar getrennt, der Staat lasse aber Raum für die Entfaltung kirchlichen Lebens und für den gesellschaftlichen Beitrag der Kirchen. Der Stuttgarter Prälat forderte dazu auf, kritisch gegenüber Entwicklungen unserer Zeit zu sein und beim Streit um die Wahrheit nicht Rechthaberei, sondern den Geist des Friedens walten zu lassen. In der Frage nach den Werten gehe es heute nicht nur um rationale Entscheidungen, sondern auch um den Umgang mit der Irrationalität des Menschen, mit Sünde und Vergebung, so der Theologe.

In einem Festvortrag zeigte der Direktor der Gedenkstätte Deutsche Teilung in Marienborn, Joachim Scherrieble, anhand des Reichenbacher Pfarrers Theodor Dipper die Anfänge der württembergischen Bekenntnisbewegung auf und führte in den Kirchenkampf in jener Zeit ein. Dipper habe die kirchlich-theologischen Arbeitsgemeinschaften (KTA) gegründet, um gegen die Vereinsamung der Pfarrer anzugehen und Theologie wieder ins Zentrum des Handelns zu rücken. Die Arbeitsgemeinschaften gibt es bis heute in jedem Kirchenbezirk.

Der ehemalige Bischof von Thüringen, Werner Leich, berichtete von eigenen Erfahrungen des Bekennens während der Zeit der DDR. „Wir hatten Angst vor den Folgen des Bekennens. Oft versteckten wir unser Christsein“, so Leich. Dabei umfasse das Bekennen die gesamte Lebensführung. Leich warnte: „Unsere Gesellschaft befindet sich auf Talfahrt.“ Als Ursachen der Krise nannte er den Abfall von den Wurzeln des christlichen Glaubens.

Pfarrer Richard Mössinger, Landesvorsitzender von „Evangelium und Kirche“, regte eine neue Diskussion um das Menschenbild in unserer Gesellschaft an. Es gehe darum, die Würde des Menschen wieder neu zu definieren und den Menschen nicht aufs Wirtschaftliche oder Anderweitiges zu reduzieren, so Mössinger. Es gehe heute darum, christliche Existenz neu zu definieren in unserer Zeit.

Stuttgart, 26. April 2004

Klaus Rieth
Pressesprecher