Landesbischof Johannes Friedrich und Synodalpräsidentin Heidi Schülke in Peking

Chinesischer Regierungsvertreter: „Die chinesische Regierung und die Kommunistische Partei Chinas haben ihre Einstellung zur Religion geändert“

Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern

16. August 2007

Landesbischof Dr. Johannes Friedrich und die Präsidentin der Landessynode, Heidi Schülke trafen in Peking mit Wang Zuo An, dem Vizepräsidenten der chinesischen Religionsbehörde SARA (State Administration for Religious Affairs) zu einem zweistündigen Gedankenaustausch zusammen.

In dem Gespräch hob Landesbischof Friedrich hervor, dass sich nach seinem Eindruck die Möglichkeiten der Religionsausübung für die registrierten protestantischen Kirchen in den letzten Jahren spürbar erweitert hätten, auch wenn man noch nicht von Religionsfreiheit sprechen könne, wie sie in westlichen Ländern üblich ist. Es freue ihn, so Friedrich, dass Bibeln in China  für jedermann zugänglich seien und Probleme bei der Umsetzung der Religionsfreiheit inzwischen durch Kirchenvertreter offen angesprochen werden können.

Vizepräsident Wang Zuo An erklärte, dass sich die Einstellung der chinesischen Regierung und der kommunistischen Partei Chinas zur Religion in den letzten Jahren verändert habe. Wenn man noch vor 20 Jahren allein die negative Rolle von Religion gesehen habe, sei man heute überzeugt, dass Religion in mehrfacher Hinsicht eine positive Rolle in der Gesellschaft spielen könne: Zum einen könne Religion den Menschen zu einer realistischen Sicht der Welt verhelfen. Des Weiteren könne Religion den Menschen zu innerer Harmonie verhelfen, was angesichts der großen Veränderungen durch das neue Wirtschaftssystem besonders notwendig sei. Schließlich könne Religion das Ziel der chinesischen Regierung unterstützen, eine „harmonische Gesellschaft“ aufzubauen. Auch im sozialen Bereich würde die Gesellschaft durch die Tätigkeit von Religion profitieren.

Wang führte aus, dass in der chinesischen Verfassung das Recht auf Glaubensfreiheit festgeschrieben sei. Er räumte jedoch ein, dass es bei der Umsetzung dieses verfassungsmäßigen Rechts immer noch zu Problemen komme. Die staatliche Religionsbehörde SARA sei jedoch bemüht, die Rechte der Gläubigen zu schützen.

Wang sprach die Einladung an Vertreter aus westlichen Ländern aus, nach China zu reisen und sich selbst ein Bild zu machen von der aktuellen Situation der Religionsfreiheit in China.

Durch unser Lächeln sehen die Menschen das Lächeln Christi“

Landesbischof Dr. Johannes Friedrich und Synodalpräsidentin Heidi Schülke besuchen diakonische Einrichtung für autistische Kinder in China

Im Rahmen ihrer 14-tägigen Reise durch China besuchten Landesbischof Friedrich und Synodalpräsidentin Heidi Schülke das Elim Zentrum für autistische Kinder in Qingdao, einer Millionenstadt in der Provinz Shandong. Vor sieben Jahren hatte Frau Fang Jing für ihren eigenen Sohn Shi Ruo Xi und drei weitere Kinder ein Projekt begonnen zur Betreuung und Förderung von autistischen Kindern. Heute, nach sechs Umzügen in immer größere Räume, ist daraus eine anerkannte Einrichtung geworden, in der 220 Kinder von 126 Lehrerinnen und Lehrern betreut werden. Seit Frau Fang Jing auf einer Webseite das Elim Zentrum vorstellt (www.elimautism.org), stehen auf ihrer Warteliste 1000 Kinder. Damit ist dieses Zentrum die größte Einrichtung dieser Art in ganz China.

Die Mitglieder der bayerischen Delegation erfahren, dass es in ganz Qingdao keine anderen Betreuungs- oder Förderungsmöglichkeiten für autistische Kinder gibt. Autistische Kinder waren bisher ausschließlich auf die Unterstützung durch ihre Familien angewiesen. Doch selbst wenn ein Kind einen Platz im Elim Zentrum findet, muss die Familie eine Wohnung in der Nähe umziehen, denn das Zentrum kann aus Platzgründen keine Wohnplätze zur Verfügung stellen. Bei der Wohnungssuche werden die Familien von ehrenamtlichen Mitarbeitenden unterstützt. Während des Förderunterrichts sind die Mütter stets anwesend, um ihr Kind zu betreuen.

Auf die Frage, welche Ergebnisse die Förderung bei den Kindern erreichen könne, antwortet Frau Fang Jing zurückhaltend. Nur zwischen 10 bis 15% der Kinder kämen so weit, dass sie anschließend im regulären Schulsystem weitergefördert werden könnten. Für die meisten Kinder sei größere Selbstständigkeit von der ständigen Betreuung durch die Eltern ein realistischeres Ziel. Frau Fang Jing macht sich keine Illusionen: „Die meisten unserer Kinder werden keinen wesentlichen Beitrag für die Gesellschaft leisten können. Aber sie sollten auch keine zu große Belastung oder gar Gefahr für die Gesellschaft sein.“

Im Elim Zentrum werden Kinder zwischen drei und sechs Jahren aufgenommen. Der Mindestaufenthalt beträgt drei Monate, manche sind auch drei Jahre hier.
Frau Fang Jing berichtet, dass die Anfangsphase von großen Finanzproblemen geprägt war. Inzwischen habe sich die Situation gebessert, da alle Plätze besetzt seien und das Zentrum von der örtlichen Kirche zuverlässig unterstützt werde. Eine finanzielle Unterstützung durch staatliche Stellen gebe es nicht.

Frau Fang Jing versteht sich als Christin. „Wir lassen alle wissen, dass wir Christen sind“ sagt sie. Und: „Durch unser Lächeln sehen die Leute das Lächeln Christi“.

Für die Zukunft hat sie sich vorgenommen, auch ältere Kinder aufnehmen zu können. „Wenn unsere Arbeit hier weiterhin erfolgreich ist, kann ich vielleicht die örtliche Regierung überzeugen, etwas zu tun für unsere Kinder“ hofft Fang Jing.

Peking, 16. August 2007

Johannes Minkus
Pressesprecher


Landesbischof Dr. Johannes Friedrich und Synodalpräsidentin Heidi Schülke ziehen positive Bilanz zum Abschluss ihrer Besuchsreise durch China

„Wir haben bei unseren Besuchen eine eigenständige protestantische Kirche kennen gelernt, die mit großem missionarischen Elan die vom Staat vorgegebenen Möglichkeiten von Religionsausübung nutzt“ so Landesbischof Dr. Johannes Friedrich am Ende der 14-tägigen Besuchsreise, die die bayerische Delegation von Shanghai über Nanjing, Qingdao und Jinan bis nach Peking geführt hatte. Für Heidi Schülke, die Präsidentin der bayerischen Landessynode, war es „ausgezeichnet, dass wir uns ein Bild von der Situation der chinesischen Kirche machen konnten außerhalb der medialen Berichterstattung. Natürlich wissen wir, dass uns bei unserer Reise viele Aspekte auch entgangen sind“. In der chinesischen Gesellschaft wandle sich das negative Bild von Christen, so Schülkes Beobachtung. „Christen fallen positiv auf, weil sie Gutes tun auch außerhalb ihrer Familie.“ Bemerkenswert sei das diakonische Engagement der kirchennahen Amity Stiftung. Mehrfach hatten die Mitglieder der Delegation auch die in China noch übliche Todesstrafe und die Praxis der Zwangsabtreibungen angesprochen. Dabei hatte die Delegation den Eindruck, dass eine Veränderung in diesem Bereich außerhalb der Einflussmöglichkeiten der Kirchen liege.

Im Vergleich zu früheren Besuchen habe das Maß an Religionsfreiheit erheblich zugenommen, so die Beobachtung von Dr. Hermann Vorländer, dem Direktor des Neuendettelsauer Centrums Mission EineWelt. „In mehreren Gemeinden haben wir erfahren, dass regelmäßig eine Sonntagsschule für Kinder mit christlichen Inhalten in Gemeinderäumen angeboten wird. So etwas haben wir vor 2 Jahren noch nicht gehört.“ Zwar sei nach wie vor die christliche Verkündigung in der Öffentlichkeit verboten, doch habe der christliche Glaube allein durch das persönliche Zeugnis der Christen eine derartige Attraktivität bekommen, dass die Gottesdienste fast immer überfüllt seien, so Vorländer weiter. Beim Besuch mehrerer Gottesdienste erlebten die Mitglieder der Delegation zwar Anklänge an verschiedene liturgische Traditionen, doch offiziell verstehen sich die protestantischen Kirchen als „nach-konfessionell“.

Die größte Herausforderung für die im „Chinesischen Christenrat“ zusammengeschlossenen protestantischen Kirchen ist der Mangel an ausgebildeten Pfarrerinnen und Pfarrern, sowie Predigerinnen und Predigern, so die Beobachtung der Delegation. Dr. Cao Shengjie, die Präsidentin des Chinesischen Christenrats berichtete von derzeit 18 Millionen protestantischen Christen, die sich in 55.000 Gemeinden träfen. Die 18 theologischen Ausbildungsstätten und Bibelschulen seien bis an die Kapazitätsgrenze gefüllt und müssten viele Bewerber abweisen. Durch den Neubau des Union Theological Seminary in Nanjing werde die Kapazität dort auf 500 Studienplätze erweitert. Bemerkenswert sei, so die Beobachtung von Landesbischof Friedrich, dass die Hälfte der Baukosten in Höhe von 18 Mio Euro vom Staat getragen wird. „Nach unserer Beobachtung unterstützen die staatlichen Stellen die fünf anerkannten Religionen in China (Daoismus, Buddhismus, Islam, Katholische und Protestantische Kirche) deutlich stärker als noch vor wenigen Jahren. Einerseits kann der Staat damit zeigen, dass er ernst meint mit der Umsetzung der verfassungsmäßigen Religionsfreiheit für registrierte Gemeinden, andrerseits erschwert er eine staatlich schwer kontrollierbare Religionsausübung im Untergrund.“ Nach wie vor könne man nicht von Religionsfreiheit im westlichen Sinne sprechen, so Friedrich weiter, doch aus Sicht chinesischer Christen sei der Entfaltungsraum für christliche Kirchen in den letzten Jahren ganz erheblich gewachsen. Diese Möglichkeiten nutzten die Kirchen mit großem Elan.

Ein Indiz für diese Entwicklung ist die legale Verbreitung von 43 Millionen Bibeln, die seit Beginn der 80er Jahre in China gedruckt und über 76 Verteilungsstellen an die Gemeinden weitergegeben werden konnten. Zu einem Preis von umgerechnet 1,20 Euro können Bibeln von Christen und Nichtchristen in den Buchläden der Kirchengemeinden erworben werden.

Nach Gesprächen mit Pastoren und Ältesten in mehreren Gemeinden merkte Synodalpräsidentin Heidi Schülke an, dass „das Potential von ehrenamtlichen Mitarbeitern weithin noch nicht erschlossen“ sei. Nach ihrer Beobachtung würden die Gemeinden bislang vom Pfarrer geleitet, dem häufig ein Beratungs-, doch kein Entscheidungsgremium von ehrenamtlich Tätigen zur Seite stehe. Die Erfahrungen in bayerischen Kirchengemeinden zeigten, dass die Einbeziehung von ehrenamtlich Tätigen in die Entscheidungsprozesse der Gemeinde sehr segensreich wirken könne.

München, 20. August 2007

Johannes Minkus
Pressesprecher