Neue Impulse für die Ökumene erwartet

Der Leitende Bischof der VELKD und Vorsitzende des DNK/LWB, Bischof Dr. Hans Christian Knuth (Schleswig), zur Wahl von Papst Benedikt XVI.

Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD)

19. April 2005

Bereitschaft zur Zusammenarbeit bekräftigt – Ratzingers Einsatz für das Zustandekommen der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ gewürdigt

Die Stellungnahme im Wortlaut:

„Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) und das Deutsche Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB) teilen die Freude der römisch-katholischen Schwestern und Brüder über die Wahl von Benedikt XVI. (Joseph Ratzinger) zum Bischof von Rom und Papst ihrer Kirche.

Wir grüßen Papst Benedikt XVI. in geschwisterlicher Verbundenheit und bitten den Herrn der Kirche, dass er ihn in seinem Amt mit der Vollmacht beschenke, die er seit den Aposteln seinen Dienern verheißen hat, und dass er ihn in der Aufgabe segne, die Ausbreitung des Evangeliums in aller Welt vor allem anderen zu fördern.

Mit einem neuen Papst bleibt die Kirche zwar ganz in ihrer Tradition, doch zugleich beginnt auch ein neuer Abschnitt in ihrer Geschichte. Damit sind innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche Erwartungen und Hoffnungen verbunden. Die Erwartungen werden durch die großen Herausforderungen in unserer Welt heute geprägt, die Hoffungen werden durch die Zusage des Heiligen Geistes genährt.

In unseren lutherischen Kirchen sind wir dankbar, wie durch die Gnade Gottes in den zurückliegenden Jahrzehnten die Gemeinschaft mit den Kirchen der Ökumene gewachsen ist und sich in vielfältigen Formen entfalten konnte. Wir wissen aber auch um die Risse in der Christenheit, die immer wieder die Gemeinschaft im Glauben schmerzhaft belasten. In der Hoffnung, dass der Herr die Einheit der Kirche auch sichtbar gestalten will, verbinden wir mit dem Gruß an den neuen Papst die Erwartung, dass die Wege unserer Kirchen aufeinander zu mit aller Kraft und neuen Impulsen beschritten werden. Möge seinem Dienst an der Einheit gelingen, in geschwisterlicher Weise neue Türen zueinander aufstoßen. Dazu können der starke Wille zu einem ergebnisorientierten Dialog und die Förderung ökumenischer Spiritualität auf allen Ebenen der Begegnung und Zusammenarbeit dienen. Wir sind dazu bereit.

Wir erinnern uns dankbar des Einsatzes von Joseph Kardinal Ratzinger für das Zustandekommen der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ zwischen dem Lutherischen Weltbund (LWB) und der römisch-katholischen Kirche, die 1999 feierlich bestätigt wurde. Zugleich erinnern wir uns der Irritationen, die eine Passage in der von der Glaubenskongregation verantworteten Schrift „Dominus Iesus“ verursacht hat. Wir hoffen, dass Benedikt XVI. die Bitte Jesu zu seinem Programm macht: „Ut omnes unum sint“ (Dass alle eins seien).

Wir erhoffen zudem, dass unsere Kirchen miteinander ein einmütiges Zeugnis für den Weltfrieden, gegen jede Gewalt und zugunsten der Gerechtigkeit für alle Menschen geben können. Eine ganze Reihe von schwer wiegenden Problemen wie die Bekämpfung von Aids, die Minderung tiefster Not und Maßnahmen gegen die Unterdrückung der Frauen in einer Reihe von Ländern unseres Erdkreises, aber auch die Auseinandersetzung mit Technologien, die den Respekt vor der Schöpfung vermissen lassen und die Würde der Menschen antasten, stellen gegenwärtig und zukünftig große Herausforderungen für die Christenheit dar. Möge der Geist Gottes den neuen Papst leiten, dass er die Sendung der Kirche in die Lebenswelt der Menschen hinein in der Weise zum Schwerpunkt macht, in der dies beispielhaft durch den Aufbruch des Zweiten Vatikanischen Konzils vor fast fünfzig Jahren geschehen ist. Die Aufgaben verlangen einen solchen Aufbruch, und die Christenheit vermag, ihn zu gehen, weil sie damit dem Herrn auf seinem Weg zu den Menschen nachfolgt.“

Hannover, 19 April 2005

Udo Hahn
Pressesprecher