Maier: Der Dialog muss über die Kopftuch-Frage hinausgehen

Württemb. Landesbischof legt der Synode seinen jährlichen Bericht vor

Evangelische Landeskirche in Württemberg

Die Kirche müsse sich vermehrt um den Zusammenhalt der Generationen kümmern, sagte Landesbischof Gerhard Maier in seinem Bericht, in dem er traditionell einmal im Jahr vor der Landessynode Bilanz zieht. Der Generationenvertrag funktioniere vor allem auf familiärer Basis, deshalb sollten Familien ebenso wie Senioren durch die kirchliche Arbeit unterstützt werden. Maier beklagte, dass Familien „immer noch die steuer- und abgabenpolitische Hauptlast für den Sozialstaat tragen“.

Die Gesellschaft könne nur gedeihen, wenn die Grundsätze von Solidarität und Gerechtigkeit bei anstehenden politischen Entscheidungen berücksichtigt würden, so der Bischof weiter. Krisenzeichen seien unübersehbar: Arbeitslosigkeit, Abbau der Sozialsysteme, wachsende Armut. Kirche und Diakonie seien in dieser Situation durchaus für die Eigenbeteiligung der Einzelnen, jedoch müsse geklärt werden, „wer wirklich Eigenverantwortung übernehmen kann und wer nicht“, betonte Maier. Eine finanzielle Grundsicherung müsse erhalten bleiben, um beispielsweise Altersarmut zu verhindern.

Maier sprach sich dafür aus, Alter nicht als eine von Einschränkungen dominierte Lebensphase, sondern als ein produktive und mit persönlichen Gewinnen verbundene Zeit zu betrachten. „Als Kirche und Diakonie wollen wir dieses Altersbild verstärken“. Um den mit der Alterung der Gesellschaft verbundenen Problemen in der Pflege zu begegnen, warb Maier für mehr Bereitschaft, Angehörige zu pflegen und die professionelle Pflege kostengünstiger zu gestalten, etwa durch den Einsatz von Freiwilligen und geringer Qualifizierten für einfache Tätigkeiten. Außerdem sollten Kirchengemeinden Partnerschaften mit Pflegeeinrichtungen aufbauen, denn „das Heim ist Teil der Gemeinde“.

Der Bischof dankte den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die trotz „großer Belastungen in der Arbeitswelt“ sich nicht vom kirchlichen Engagement abhalten lassen. Er warnte zugleich vor einer „inneren Ökonomisierung“, dass Menschen sich selbst und andere nur noch unter den Gesichtspunkte der Arbeitswelt und der Leistung sähen. Es sei notwendig, wirtschaftliche, soziale und ökologische Belange gleichwertig zu berücksichtigen.

Maier verteidigte seine Ablehnung des Kopftuches an allgemein bildenden Schulen, der Staat müsse das Schulwesen „für alle einsehbar, vernünftig und dem Wertekanon der Gesamtgesellschaft entsprechend“ regeln. Der notwendige Dialog zwischen Muslimen und Christen dürfe sich allerdings nicht in der Kopftuch-Frage erschöpfen.

Stuttgart, 25. März 2004

Astrid Günther
Pressestelle