Die Passion Christi – ein Film mit Diskussionsbedarf

Kirchenleitung bittet Gemeinden um Angebote für die Kinobesucher/Homepage bietet Anregungen

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

10. März 2004

„Es ist damit zu rechnen, dass viele Kinobesucherinnen und –besucher von dem vielen Blut erschreckt und angewidert sind und mit offenen Fragen das Kino verlassen,“ darauf hat der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Dr. Peter Steinacker, bei dem von Mel Gibson produzierten Kinofilm „Die Passion Christi“ hingewiesen. Der Film kommt am 18. März in die deutschen Kinos. Steinacker bat deshalb die Gemeinden, in deren Gebiet ein Kino ist, auf die Kinobesucher dieses Films zuzugehen.

Steinacker: Zeit zum Verarbeiten nötig

Wünschenswert sei, dass die Gemeinden vor Ort die theologische Deutung der Person Jesu, die der Film weitgehend schuldig bleibe, ihrerseits anböten. Steinacker wörtlich: „In diesem Sinne ist der Film auch eine Chance, über zentrale Glaubensinhalte ins Gespräch zu kommen“, die vielleicht sogar mit den Kinobetreibern zusammen wahrgenommen werden könne. Veranstaltungen müssten nicht unbedingt im Kino direkt stattfinden, denn es sei damit zu rechnen, dass viele Kinobesucher zunächst ein paar Tage Zeit brauchten, um die intensiven Bilder zu verarbeiten und ihre Sprache zurück zu gewinnen. Die EKHN biete auf ihrer Homepage www.ekhn.de/ Material dafür an.

Nichts für Konfirmanden

Steinacker wies darauf hin, dass der Film für Kinder und Konfirmanden keinesfalls geeignet sei. Religionspädagogen empfahl Steinacker, den Film zunächst persönlich anzuschauen und ein paar Tage lang innerlich zu verarbeiten. Direkte Reaktionen nach dem Film könnten sonst schwer fallen. Kein Jugendlicher dürfe zum Besuch des Films gezwungen werden. Verantwortliche für Gruppen müssten darauf vorbereitet sein, dass viele den Film vorzeitig verlassen wollten.

Gewaltdarstellung übersteigert die biblischen Vorlagen und verkürzt ihren Sinn

Der Film zeige die letzten zwölf Stunden im Leben Jesu. Nach circa 15 Minuten Filmzeit werde Jesus im Garten Getsemane verhaftet und ab diesem Zeitpunkt, bis auf kurze Unterbrechungen, circa 100 Filmminuten lang geprügelt, geschlagen, gefoltert und schließlich ausführlich gekreuzigt. Der Film lege großes Augenmerk auf die blutigen Folgen dieser Folter, die akribisch und oft in Grossaufname und in Zeitlupe dargestellt würden. Der Film übersteigere an vielen Stellen die biblischen Vorlagen.

Jesus – mehr als ein Schmerzensmann

Steinacker kritisierte, dass der Film Jesus nur als den übernatürlichen Schmerzensmann zeige. Andere Aspekte seiner Person und seiner Wirkung blieben auf wenige Andeutungen beschränkt. Insgesamt hätten die Filmemacher wenig Interesse an der theologischen Deutung der Geschehnisse. Weder werde der Hass des Volkes hinreichend erklärt, womit indirekt antijüdische Ressentiments geschürt würden, noch der Sinn des ganzen Leidens, noch werde die heilsgeschichtliche Dimension von Kreuzigung und Auferstehung erläutert. Letztere bleibe „eine auf wenige Sekunden beschränkte Andeutung“.

Darmstadt, 10. März 2004

Pfarrer Stephan Krebs
Pressesprecher