„Versöhnte Verschiedenheit“ – ein Modell für Bildung in Europa!

Zur Mitverantwortung der Christen für die Schulentwicklung

Evangelische Landeskirche in Baden

Mit „versöhnter Verschiedenheit“ haben die protestantischen Kirchen in Europa das Zusammenspiel von Einheit und Verschiedenheit beschrieben, als sie sich vor mehr als 25 Jahren zusammengeschlossen haben. Was der Gemeinschaft von heute 104 evangelischen Kirchen damals gelungen sei, sei heute ein Modell für das Zusammenwirken in Europa überhaupt. Das stellte André Birmelé, Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Straßburg, vor Lehrerinnen und Lehrern aus Frankreich, Niederlanden, Österreich, Schweiz und Baden-Württemberg auf einer Europatagung in der vergangenen Woche (02. April) in Donaueschingen deutlich heraus.

Die Tagung in der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen stand unter dem Thema „Mensch sein - Demokratie lernen – Schule gestalten“ und fragte nach der Mitverantwortung der Christen für die Schulentwicklung in Europa. Die protestantischen Kirchen stünden allerdings in der Gefahr zu scheitern, wenn es ihnen nicht gelinge, in ethischen Fragen zu gemeinsamen verbindlichen Aussagen zu kommen. Individualismus und Kongregationalismus verhinderten immer wieder, dass es zu einer Verbindlichkeit über die nationalen Grenzen der Mitgliedskirchen hinaus komme. Nur so könne auch ein Beitrag zur Entwicklung des Bildungswesens in Europa zustande kommen.

In allen europäischen Ländern finden derzeit weitreichende Umwandlungen und Anpassungen der Schulen an die veränderten Bedingungen in der Gesellschaft statt. An Beispielen aus den beteiligten Ländern wurde deutlich, worauf es den Christen in diesen Entwicklungsprozessen ankommt: Eine Anpassung an die Erwartungen der Wirtschaft kann nicht ausreichen, wenn nicht gleichzeitig die Frage nach der Entwicklung der Persönlichkeit ein leitendes Kriterium ist. Gerechtigkeit ist inzwischen vor allem auch in Deutschland eine vorrangige Frage an das Schulsystem geworden. Demokratie Lernen wird immer mehr zu einem entscheidenden Faktor dafür, welchen Beitrag die Schulen für ein gelingendes Zusammenleben in einem zunehmend pluralen und multikulturellen Europa leisten. Auf diese Zusammenhänge verwies Professor Christoph Scheilke, Stuttgart.

Wenn der Verfassungsvertrag nicht von den Mitgliedsstaaten angenommen wird, bleibt die Europäische Union ein Wirtschaftsverbund aus rein ökonomischen Interessen. Eine Wertegemeinschaft wäre dann in weite Ferne gerückt. Darauf machte Eckhart Marggraf, Sekretär der International Association for Christian Education und ehemaliger Direktor des Religionspädagogischen Instituts der Evangelische Landeskirche in Baden, aufmerksam, als er Grundzüge einer europäischen Bildungspolitik darstellte. Wenn das Zusammenleben der Völker Europas gelingen soll, müsse die kulturelle und religiöse Dimension im Prozess der Integration größere Aufmerksamkeit finden. Bildung und Erziehung seien die entscheidenden Orte, an denen Menschen mit diesen Fragen befasst würden und wo sie den Umgang mit kultureller und religiöser Vielfalt einübten. Die Erziehung zu aktiven Bürgerinnen und Bürgern schließe die Fähigkeit ein, mit der eigenen Religion und Kultur umzugehen und die der Anderen zu verstehen und zu respektieren.

Karlsruhe, 04. April 2005

Marc Witzenbacher
Pressesprecher