Bischof Hein: „Der christlich-muslimische Dialog ist ein steiniger, holpriger Weg und keine Rennstrecke“

Bibelauslegung auf Evangelischem Kirchentag mit muslimischer Theologin

Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck

22. Mai 2009

Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, hat zu Nüchternheit und Realismus im christlich-muslimischen Dialog aufgerufen. Auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Bremen sagte Hein am heutigen Freitag in einer Doppelbibelarbeit mit der islamischen Theologin Hamideh Mohaghegi (Hannover): „Der Weg von Christen und Muslimen aufeinander zu, ist ein steiniger, holpriger Weg. Wenn wir einander begegnen und aus unserem Glauben heraus argumentieren, gibt es deutliche Unterschiede! Diese Unterschiede dürfen in einem Miteinander und Dialog unserer Religionen weder verharmlost noch verschwiegen werden!“ Ein ernsthafter christlich-muslimische Dialog habe im Grunde noch gar nicht richtig begonnen. Er scheitere immer wieder an Vorfragen; das zeigen auch die Auseinandersetzungen um die Verleihung des Hessischen Kulturpreises in diesem Jahr. „Wer sich ernsthaft um eine Begegnung und ein inhaltliches Gespräch bemüht, braucht viel Zeit, braucht viel Geduld und braucht auch viel Kenntnisse über die eigene wie auch über die andere Religion“, betonte Hein.

Mit der Nächstenliebe und nicht mit Gottesfrage im Dialog beginnen
Hein erklärte, es sei besser und erfolgversprechender, im christlich-muslimischen Dialog mit dem Thema der Nächstenliebe als mit der sehr schwierigen Gottesfrage zu beginnen. Es gehe darum, ob nicht das gemeinsame Handeln eine Basis für die Religionen sein könnte. Mit Blick auf das Gleichnis vom „Barmherzigen Samariter“, das Gegenstand der Bibelauslegung war, sagte Hein: „Ich denke, dass Jesus heute, um uns zu zeigen, was zu tun ist, als Beispiel durchaus einen Moslem vorstellen könnte, der unmittelbar hilfreich handelt.“ Christen hätten kein Monopolanspruch auf Nächstenliebe. „Auch jene, die sich in der Gottesliebe von uns unterscheiden, sind in gleicher Weise fähig, menschlich zu handeln. Denn für beide ist Menschenliebe Ausdruck wahrer Gottesliebe!“ betonte Hein.  

Keine Religion darf gegen das Tun der Liebe verstoßen
Hein würdigte in diesem Zusammenhang das Schreiben muslimischer Gelehrter an Papst Benedikt XVI. und andere Kirchenführer aus dem Jahr 2007. Hier sei formuliert worden, dass das Gebot der Menschen und der Gottesliebe Christentum und Islam eine. Das bedeute, so Hein: „Keine Religion, so sehr sie sich auch inhaltlich von den anderen unterscheidet, darf jemals gegen das Tun der Liebe verstoßen, was Menschen nützt und hilft. Und wenn sie Liebe übt – dann ohne Ausgrenzung, ohne falschen Eifer und Rechthaberei!“ Wer das Nächstliegende, wer Nächstenliebe und Menschenliebe übt, habe immer schon Recht, betonte Hein. Christen und Muslime seien gemeinsam gefordert, der Gesellschaft eine menschliche Gestalt zu geben.

22. Mai 2009