Evangelisch-katholisches Studienprojekt vorgestellt

EKD-Ratsvorsitzender Bischof Wolfgang Huber: Kulturelle Nähe der Kirchen ist ein Schatz

Evangelische Landeskirche in Württemberg

07. April 2008

Die kulturelle Nähe der evangelischen und der katholischen Kirche ist für den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, „ein Schatz, der zu heben ist“. Diese Überzeugung äußerte er am Montag, 7. April in Tübingen anlässlich der Vorstellung des gemeinsamen Studienprojektes der evangelisch-theologischen Fakultät Tübingen und der päpstlichen Lateran-Universität Rom zum Thema „Grund und Gegenstand des Glaubens nach römisch-katholischer und evangelisch-lutherischer Lehre“.

Ohne kirchliches Mandat, aber mit wissenschaftlichem Interesse haben evangelische und katholische Professoren seit 2001 versucht, gegenseitiges Verständnis für die Lehrmeinungen der jeweils anderen Konfession zu gewinnen. Das jetzt von den Herausgebern Professor Eilert Herms (Tübingen) und Professor Lubomir Zak (Rom) als Ergebnis der ersten Arbeitsphase vorgestellte Buch enthält deshalb nach Angaben von Herms auch Beiträge, „in denen evangelische Köpfe in einem Akt methodischen Einfühlungsvermögens konsequent römisch-katholisch denken“ und umgekehrt. „Es macht Freude, lutherische Lehrtexte von römisch-katholischen Interpreten verstanden zu wissen“, erklärte die Heidelberger evangelische Theologieprofessorin Friederike Nüssel in ihrem Gastvortrag. Die nach wie vor bestehenden Lehrunterschiede würden in dem gemeinsamen Studienprojekt als Folge unterschiedlicher Perspektiven auf dieselbe Sache des Glaubens verstanden.

Die „Glaubwürdigkeit der Offenbarung Gottes“ stand für den Leiter der katholischen Forschergruppe, Professor Giuseppe Lorizio, im Vordergrund der „delikaten Arbeit“, während der die Beteiligten „mit Überraschung und Freude die tiefe Sensibilität beider Seiten für die grundlegenden Dimensionen des Glaubens“ wahrgenommen hätten. Der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber zeigte sich überzeugt: „Unsere Kirchen gewinnen Glaubwürdigkeit nur miteinander, nicht gegeneinander oder gar auf Kosten der jeweils anderen.“ Ein „präzisiertes Differenzbewusstsein“ – die Kenntnis der jeweils anderen Seite – und ein „präzisiertes Einheitsbewusstsein“ – die Erkenntnis, dass es um ein und dieselbe Sache gehe – könnten die Ziele der „versöhnten Verschiedenheit und der wirklichen Einheit“ näher bringen, so Huber. Der Braunschweiger evangelische Bischof Friedrich Weber als Cattolica-Beauftragter der Vereinigten evangelisch-lutherischen Kirche Deutschlands würdigte besonders die Tatsache, „dass die ersten Ergebnisse der Forschungsgruppe nicht nur vor dem Forum der Wissenschaft, sondern in Anwesenheit kirchlicher Amtsträger“ vorgetragen würden. Dies gebe Anlass zur Hoffnung, dass die Professoren mit ihrem Dialog Wegbereiter sein könnten für Bischöfe und die Kirchen insgesamt.

Die mit der Vorstellung der Zwischenergebnisse abgeschlossene erste Projektphase beschäftigte sich mit den Themen Offenbarung, Wahrheit, Glauben, Anthropologie (der Lehre vom Menschen) und Kirche. Die jetzt beginnende zweite Projektphase thematisiert konfliktträchtigere Themen wie das Abendmahlsverständnis. Für die evangelische Seite arbeiten in der Forschungsgruppe die Professoren Eilert Herms und Christoph Schwöbel (beide Tübingen) sowie Wilfried Härle (Heidelberg) mit, für die katholische Seite die Professoren Giuseppe Lorizio, Lubomir Zak und Massimo Serretti (alle Rom). Die Ergebnisse der ersten Arbeitsphase sind, gemeinsam herausgegeben von Eilert Herms und Lubomir Zak, unter dem Titel „Grund und Gegenstand des Glaubens nach römisch-katholischer und evangelisch-lutherischer Lehre“ gleichzeitig auf deutsch und auf italienisch erschienen bei den Verlagen Mohr-Siebeck in Tübingen und Lateran University Press Rom. Gewidmet ist das Buch Papst Benedikt XVI. – Herms lobte: „Er hat unsere Zusammenarbeit noch als Kardinalpräfekt auf den Weg gebracht!“

Tübingen, 07. April 2008

Peter Steinle
Medienbeauftragter
Prälatur Reutlingen