„Am Karfreitag Grundlegendes und Entscheidendes über Gott und Mensch erfahren“

Bischof Dr. Martin Hein zum Karfreitag 2005

Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck

Heute ist Karfreitag. An diesem Tag erfahren wir Grundlegendes, Entscheidendes über uns Menschen und über Gott.

Wir erfahren Grundlegendes über uns Menschen:

Wir blicken auf das Kreuz Jesu und erkennen: Der Mensch wird zum Mörder seines Bruders. Nicht nur vor 2000 Jahren in Golgatha, sondern auch heute, und das nicht nur im kriminellen Millieu.

In vielen Ländern dieser Erde existiert noch die Todesstrafe. Menschen werden unter menschenunwürdigen Bedingungen und ohne Aussicht auf ein faires Gerichtsverfahren gefangen gehalten, selbst in Ländern, die ein Vorbild an Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit  sein wollen.

Es ist nur eine Minderheit, die auf dem Weg zum Kreuz Anteilnahme mit Jesus zeigt. Das ist Anlass, uns selbstkritisch zu prüfen, wie es mit unserem Mitleid und Eintreten für die Schwachen und Gedemütigten steht – in Nah und Fern.

Wir erfahren Grundlegendes über Gott:

Wir blicken auf das Kreuz Jesu und erkennen: Gott meint es mit der Liebe zu den Menschen ernst. Gott verweilt zur Welt und zum Menschen nicht in Distanz, sondern begibt sich in die Niederungen des Lebens, in das menschliche Elend mitten hinein; er nimmt das Leid auf sich, wird selber schwach, gedemütigt, scheut nicht den Tod, den gewaltsamen Tod am Kreuz. Gott leidet mit den Opfern – aller Zeiten. Das verändert unser Bild von Gott und eröffnet ein neues Verhältnis zwischen ihm und uns. Gott ist Liebe: Es ist dies eine Liebe, die sogar den Weg in den Tod nicht scheut; sie begleitet uns bis an unser Ende. Gottes Liebe erschöpft sich nicht in Größe, Erfolg, in den Sonnenseiten des Lebens; sie ist uns in schweren Stunden, in Krisen, Einsamkeit oder scheinbarer Ausweglosigkeit nahe.

Karfreitag und Ostern:

Wir blicken auf das Kreuz Jesu – in Dankbarkeit: Gott ist bei uns - in einer leidenden Welt, bei einer leidenden Menschheit.

Wir blicken auf das Kreuz Jesu – in Hoffnung. Mit Karfreitag ist Gottes Liebe nicht an ihr Ende gekommen. Die Berichte vom Tod Jesu sind im Licht des Osterfestes geschrieben, der Botschaft von der Auferstehung Jesu, die besagt: Die endgültige Macht von Leid und Tod sind durch Gottes Macht gebrochen. Diese Botschaft schenkt Hoffnung –für unser Leben und unsere Welt.

Kassel, 24. März 2005

Karl Waldeck
Pressesprecher