Nicht nur Schuldner tragen Verantwortung

Kirche und Politik Expertengespräch über internationale Kredite

Evangelische Kirche von Westfalen

22. März 2007

Berlin/Bielefeld. Bei internationalen Krediten tragen Geber und Nehmer eine gemeinsame Verantwortung, um eine uferlose Verschuldung armer Länder zu verhindern. Darüber waren sich Vertreter von Politik und Kirche am Mittwoch (21.3.) bei einem Fachgespräch in Berlin einig. Staatssekretär Dr. Thomas Mirow vom Bundesfinanzministerium und Präses Alfred Buß, Evangelische Kirche von Westfalen, trafen sich zum Austausch über Strategien für den Umgang mit der Verschuldung von Entwicklungsländern.

Nach einer teilweisen Entschuldung der ärmsten und höchstverschuldeten Länder sieht Staatssekretär Mirow jetzt dringenden Handlungsbedarf, um deren Neuverschuldung bei Gläubigerstaaten wie China oder Indien zu verhindern. China tritt zur Zeit in großem Stil als Kreditgeber auf, besonders in afrikanischen Ländern. „Es ist notwendig, hier mit China ins Gespräch zu kommen“, sagte Mirow.

Für Präses Buß ist eine Entschuldung heute nicht mehr eine Frage größerer oder kleinerer Erlasse, sondern in erster Linie eine Frage nach der Qualität der internationalen Finanzarchitektur. „Nur wenn es gelingt, auch international rechtsstaatlichen Verhältnissen näher zu kommen, kann die Gefahr weiterer Destabilisierungen von Staaten im Süden gebannt werden“, sagte der leitende Theologe der viertgrößten Landeskirche. Wichtig sei in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen rechtmäßig zustande gekommenen Schulden und solchen, die auf einer Verletzung grundlegender Rechtsprinzipien beruhen.

Was das bedeutet, schilderte Professor Dr. Kunibert Raffer (Wien): Der Ökonom und Jurist führte Beispiele für Kredite an, die „nach rechtsstaatlichen Maßstäben Beihilfe zum Betrug“ wären. Als Beispiele nannte er Geldgeschäfte mit Indonesien oder den Philippinen. Hier habe es Fälle gegeben, wo dem Kreditgeber bewusst war, dass das Geld in private Taschen floss oder der Unterdrückung ethnischer Minderheiten mit militärischen Mitteln diente. Außerdem: „Verträge binden nur, wenn sie von berechtigten Personen unterzeichnet wurden“, erklärte Raffer. Dies sei bei rechtswidrig an die Macht gekommenen Staatschefs als Kreditnehmer nicht der Fall.

Einen hoffnungsvollen Bewusstseinswandel beobachtet Alex Wilks von der Dachorganisation Eurodad, in der 53 europäische Gruppen und Initiativen vereinigt sind, die für einen gerechten Umgang mit internationalen Krediten arbeiten. So wie vor 200 Jahren der Sklavenhandel in England durch Parlamentsbeschluss verboten wurde, obwohl wirtschaftliche Interessen dagegen sprachen, so könnte sich auch heute eine politische Mehrheit gegen entwicklungsschädliche Kreditvergaben bilden.

Zu dem Austausch hatte die Gemeinsame Konferenz für Kirche und Entwicklung (GKKE) eingeladen, eine Einrichtung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Maßgeblich beteiligt war auch die von den Kirchen angestoßene Kampagne „erlassjahr.de“.

Diese PresseInfo wird zeitgleich verschickt von der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW), der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie dem Bundesfinanzministerium.