„Ostern ist nicht Friede, Freude, Eierkuchen – sondern Versöhnung“

Landesbischof Christoph Kähler zum Osterfest

Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen

19. März 2008

Christoph Kähler, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, äußert sich zum bevorstehenden Osterfest:

„Der Besuch der Bundeskanzlerin Angela Merkel in diesen Tagen ist ein Oster-Besuch. Mit der Reise kommt ein Herzenswunsch vieler Bürgerinnen und Bürger zum Ausdruck: Versöhnung. Wir könnten auch sagen: Ostern. Denn genau das ist es, was Christen an Ostern feiern, die Versöhnung Gottes mit den Menschen. Dem voraus geht Karfreitag. Einer der düstersten Tage, die wir uns denken können. Wir erinnern uns an diesem Tag der Gefangennahme Jesu von Nazareth, seiner Verurteilung zum Tode, der Folter, die er zu erleiden hatte, und schließlich seiner Kreuzigung. Gerade der Mann, der wie kein anderer die Liebe gelehrt hat, wird hingerichtet. Der Hoffnungsträger wird ans Kreuz geschlagen und mit ihm – so empfanden das viele – die Hoffnung.

Wir wissen durch Jesus, dass Menschen einander so betrachten können, wie Gott sie gemeint hat. Er hat uns gelehrt, dass wir mit dem Herzen sehen können. Das ist die Erfahrung der Auferstehung. Wo Menschen ohne Vorbehalt und ohne Vorurteil aufeinander zugehen, wo sie sich nicht festlegen auf das Wenige, das sie von einander wissen, wo sie bereit sind, Unrecht zu gestehen und Erlittenes zu vergeben – da kann Versöhnung erfahren werden. Da wird Ostern.

Wir erinnern in Thüringen gerade an den Aufruf zur Gründung der Aktion Sühnezeichen vor 50 Jahren. Seitdem arbeiteten und arbeiten tausende Freiwillige daran, Ruinen des Krieges zu enttrümmern und Dörfer, Krankenhäuser und Kirchen wieder aufzubauen. Sie haben sich dort engagiert, wo Deutsche anderen Menschen am meisten weh getan haben, in Polen, Russland und Israel. Die Arbeit begann mit dem Eingeständnis der deutschen Schuld. Wenn Angela Merkel in Israel freundlich begrüßt wird, dann hat die jahrzehntelange Arbeit der Aktion Sühnezeichen und ihrer jungen Botschafterinnen und Botschafter daran einen Anteil.

Aber auch wir ganz privat können Ostern erleben. Es ist gerade nicht das Fest von Friede, Freude, Eierkuchen. Wir alle machen Fehler, verletzten andere Menschen, lassen Mauern zwischen uns wachsen, reden nicht mehr und schweigen uns an. Aber wir können aufeinander zu gehen, das Gespräch suchen, um Verzeihung bitten, neu anfangen. Dann ist Ostern. Das wünsche ich allen Thüringerinnen und Thüringern: Ein gesegnetes Osterfest.“

Eisenach, 19. März 2008

Ralf-Uwe Beck
Pressesprecher