Hoher Wert für Gesellschaft, Familien und das eigene geistliche Leben

EKKW und EKHN starten Initiative für Sonn- und Feiertage Bischof und Kirchenpräsident schreiben Osterbrief

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

17. Februar 2008

Arbeitsfreie Sonn- und Feiertage haben für die ganze Gesellschaft eine hohe lebensdienliche Bedeutung. Das wollen die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. Zum Osterfest 2008 starten beide Kirchen deshalb eine Initiative zum Sonntagsschutz. Ihr Slogan lautet: „Gott sei Dank, es ist Sonntag!“ Die beiden Landeskirchen schließen sich damit der Sonntags-Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) (www.sonntagsruhe.de) an.

In einem gemeinsamen „Osterbrief“ dazu erläutern Bischof Dr. Martin Hein (EKKW) und Kirchenpräsident Dr. Peter Steinacker (EKHN), dass der im Grundgesetz verankerte gesetzliche Schutz der Sonn- und Feiertage auf die christliche Botschaft vom Ostermorgen zurückgehe. An diesem Morgen – einem Sonntag – hätten Frauen das leere Grab Jesu entdeckt und von seiner Auferstehung vom Tod erfahren. Dies werde in den Gottesdiensten allwöchentlich gefeiert. Wörtlich schreiben die beiden Leitenden Geistlichen: „Der Sonntag entfaltet seine Bedeutung im Hören auf das Wort Gottes. Die Feier des Sonntags erinnert daran: Gottes Werk geht aller menschlichen Arbeit voraus; die Würde des Menschen ist nicht erst durch die Arbeit gegeben.“ Die Geistlichen kritisieren „konkrete Entwicklungen in unserem Land. In einigen Bundesländern hätten Gesetzesreformen den Sonn- und Feiertagsschutz faktisch ausgehöhlt. In Hessen sei die rechtliche Situation zwar besser; in der Praxis sei der Schutz vom Sonn- und Feiertagen auch hier gefährdet. Hierzu zählten als Event getarnte Verkaufsveranstaltungen am Sonntag.

Bischof Hein kritisierte dabei aktuell das in Einkaufszentren in Frankfurt und Kassel geplante Mitternachtsshopping am Gründonnerstagabend. „Das sei eine bewusste Attacke auf die religiöse Kultur in Deutschland. Hier fallen um des Kommerzes willen die letzten Schranken“, kritisierte Bischof Hein.

Steinacker wies darauf hin, dass der Wechsel von Feiertagen und Arbeitstagen dem Leben eine äußere und innere Struktur gebe. Der Sonntag sei als „Feier des Lebens“ nicht nur für Besucherinnen und Besucher der Gottesdienste sondern für alle wichtig. Wörtlich sagte er: „Beim Sonntagsschutz geht es nicht nur um die Bewahrung einer sozialen Institution, die für die kulturelle Qualität des Zusammenlebens wichtig ist, sondern auch um die geistigen und geistlichen Grundlagen unseres Weltverständnisses.“

Steinacker und Hein laden Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen ein, sich an der Initiative zu beteiligen, etwa durch Plakate, die an öffentlichen Stellen ausgehängt werden, durch Gottesdienste und Veranstaltungen zu dieser Thematik.

Dafür erhalten die Gemeinden in diesen Tagen zusammen mit dem Osterbrief Materialien wie Plakate, Leporellos, ein Spiralheft mit Ideen für eine angemessene Gestaltung des Sonntags. Im Internet sind unter www.ekhn.de und www.ekkw.de auch Ideen und Texte für die Gestaltung eines Gottesdienstes eingestellt.

Die Plakate heben den Sonntag aus dem Einerlei des Alltags heraus und machen deutlich, wie wertvoll es ist, dass ein Tag in der Woche aus dem Alltag herausragt und Zeit für anderes gibt.

Leporellos bieten Informationen und Argumente zum Sonntag und informieren über weitere Materialien zur Kampagne wie Tassen, Schlüsselanhänger und manches mehr.

Mit dem Spiralheft, das von der Evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers erstellt wurde, werden konstruktive Vorschläge gemacht, wie man den Sonntag für sich alleine, mit Freunden und im Kreis der Familie als einen besonders schönen Tag gestalten und zum Höhepunkt der Woche machen kann.

Die Kampagne war von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bereits im November 2007 vorbereitet worden. Sie hat die Beschwerde der evangelischen und der römisch-katholischen Kirche in Berlin gegen das dortige Ladenöffnungsgesetz begleitet, das den Sonntag aus kirchlicher Sicht nicht mehr im Sinne des Grundgesetzes schützt. Da sich die Gesetze zum Schutz der Sonn- und Feiertage in Hessen und Rheinland-Pfalz davon erheblich unterscheiden, wird die Initiative von der EKHN und der EKKW in ihrem Kirchengebiet erst jetzt und mit einem anderen Akzent umgesetzt. Sie soll hier im Bewusstsein der Bevölkerung den hohen Wert und die große Bedeutung der Sonn- und Feiertage für das Familien- und Vereinsleben sowie für die persönliche geistliche Besinnung und kulturelle Vergewisserung haben.

Darmstadt / Kassel, 17. März 2008

Stephan Krebs
Pressesprecher EKHN

Karl Waldeck
Pressesprecher EKKW


Der Osterbrief im Wortlaut:

"Liebe Schwestern und Brüder,

"Der Herr ist auferstanden", so lautet die beste, weil Hoffnung spendende Botschaft der Welt. In diesen Osterjubel stimmt die weltweite Christenheit auch in diesem Jahr ein – so wie seit Ihren Anfängen. Der erste Tag der Woche führte, so lassen sich die altkirchlichen Zeugnisse deuten, die junge Christenheit in Erinnerung an die Auferstehung ihres Herrn zu einer gemeinsamen Mahlfeier zusammen. Es ist das Osterfest, die Auferstehung Jesu, die den Beginn unseres sonntäglichen Gottesdienstes markiert.

Für viele Menschen, für das Grundgesetz und in weiten Strecken auch für die geltende Gesetzgebung verbindet sich der Gedanke an den Sonntag zugleich mit dem an den – zumindest für das Gros der Gesellschaft –  kollektiven arbeitsfreien Ruhetag. Die kirchengeschichtlichen und politischen Ursprünge, auch die Fortentwicklung dieser Verschmelzung von Sabbat- und Sonntagsvorstellungen sind komplex. Feststeht, dass sich die Kirchen für die Wertschätzung des Sonntags und den Erhalt des Sonntagsschutzes einsetzen. Sie tun dies aus gutem Grund. Die Feier des Sonntags erinnert daran: Gottes Werk geht aller menschlichen Arbeit voraus; die Würde des Menschen ist nicht erst durch die Arbeit gegeben. Dabei ist der Wert des Sonntags nicht allein in der arbeitfreien Zeit begründet. Luther erklärte das 3. Gebot "Du sollst den Feiertag heiligen" bekanntermaßen so: "Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern es heilig halten, gerne hören." Der Sonntag entfaltet seine umfassende Wohltat im Hören auf das Wort Gottes.

Im vergangenen Jahr hat die Evangelische Kirche in Deutschland ihre Initiative "Gott sei Dank, es ist Sonntag" gestartet. Als Initiative ist sie im Unterschied zu einer Kampagne auf Dauer angelegt. Dabei bezieht sie sich durchaus auf konkrete Entwicklungen in unserem Land: Gesetzesreformen zu den Ladenöffnungszeiten höhlen in manchen Bundesländern den Sonn- und Feiertagsschutz faktisch aus. So haben die evangelische wie katholische Kirche in Berlin gegen das dortige Ladenöffnungsgesetz Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das Urteil steht noch aus. Mag im Bereich unserer Landeskirchen die rechtliche Situation besser geregelt sein, so ist der Schutz von Sonn- und Feiertagen in der Praxis auch hier gefährdet. Mitternachtsshopping am Gründonnerstag oder als Event getarnte Verlaufveranstaltungen am Sonntag mögen als Beispiele genügen.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck unterstützen die EKD-Sonntagsinitiative. In den nächsten Tagen werden Ihnen deshalb Materialien, von Plakaten zu einer Broschüre mit "Sonntagsideen", vom Flyer bis zum Gottesdienstentwurf zum Thema "Sonntag" zugehen. Wir bitten Sie, das Eintreten unserer Kirche für den Sonntag nach den Ihnen möglichen Mitteln im öffentlichen Raum bekannt zu machen.

"Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen; seit dass er erstanden ist, so loben wir den Vater Jesu Christ." Die Osterbotschaft bringt der Menschheit Lebenshoffnung, sie entlastet zugleich vom Anspruch, allein durch unser Tun die Welt gestalten zu müssen, schon gar nicht im 24 Stunden-7 Tage-Takt. Gott gibt das rechte Maß von Arbeit vor. Gott sei Dank, dass es den Sonntag gibt!

Für den Dienst an den vor uns liegenden Feiertagen wünschen wir Ihnen Gottes Segen: die Gabe, sich dem reichen Ernst der Passion Jesu zu öffnen und sodann in den befreienden Jubel des Osterfestes einzustimmen.

Eine behütete Zeit wünschen Ihnen und Ihren Familien

Ihr
Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Steinacker
Kirchenpräsident

Prof. Dr. Martin Hein
Bischof"