Protestantismus in der Bewährungsprobe

Kirchenpräsident Eberhard Cherdron und Oberkirchenrat Christian Schad zum Reformationstag

Evangelische Kirche der Pfalz

31. Oktober 2003

Der Protestantismus ist nach den Worten des Kirchenpräsidenten Eberhard Cherdron die "feste Glaubensüberzeugung, die zulassen kann, dass es auch andere Glaubensüberzeugungen gibt." Damit wende sich der Protestantismus gegen allen Fundamentalismus, der immer die Tendenz habe, mit "sanfter oder brutaler Gewalt den anders Glaubenden nieder zu machen", sagte Cherdron in seinem Vortrag mit dem Thema "Protestantismus für morgen" in Winterborn (Dekanat Rockenhausen). Der Protestantismus habe Zukunft, gerade weil er sich für die Freiheit des Gewissens, der Religion und für Toleranz stark mache. Damit befände er sich gegenwärtig in der "Bewährungsprobe". Denn Toleranz bedeute in der protestantischen Tradition eben nicht Gleichgültigkeit. In der Bindung an Gottes Wort bewahre der Protestantismus, so Cherdron, "seinen festen Ort, von dem her er für Toleranz und Glaubensfreiheit in unserer Gesellschaft eintreten kann."

Auf der anderen Seite gehöre auch der "Wunsch nach Einigung" als ein weiterer Charakterzug zum Protestantismus. Darum sei gerade in der pfälzischen Kirche mit ihrem ausgeprägten protestantischen Bewusstsein eine "von unten gewachsene Union" von Reformierten und Lutheranern entstanden: "Wo die alleinige Bindung an Gottes Wort gilt, wird dieses zugleich auch zum einigenden Band für verschiedene Bekenntnisse." Diese in der Kirchenunion gesammelten Erfahrungen sollte die Evangelische Kirche der Pfalz für das Zusammenwachsen innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) fruchtbar machen: "Sie sind wertvolle Beispiele für die einigende Kraft des christlichen Glaubens und damit zugleich auch Zeugnis für Kräfte, die den Frieden stärken."

Oberkirchenrat Christian Schad ging in seinem Vortrag "Die Bibel - mehr als ein Buch" im Rahmen der zentralen Reformationsfeier in der Stadtkirche in Lauterecken auf das Thema Ökumene ein. "Solange wir uns beim Abendmahl nicht auch als christliche Konfessionen wechselseitig einladen und willkommen heißen, bleibt ein Schmerz zurück", sagte Schad. An die Tischgemeinschaft, zu der Christus alle Menschen einlädt, zu erinnern, bezeichnete Schad als eine "ökumenische Pflicht". Dabei sei eine "substantielle Annäherung zwischen den christlichen Konfessionen" nur im Rückgang auf die Texte der Heiligen Schrift möglich: "Wir müssen Wege freilegen, die eine Einkehr in das Leben dieser Texte ermöglichen. Denn sie sind Lebensquellen." Mit einer Ökumene "inhaltlicher Nivellierung und geistig-geistlicher Verflachung" aber sei niemandem gedient. Genauso schadeten "fundamentalistische Abgrenzung und reine Selbstbehauptung" der Sache des Evangeliums. Schad forderte eine Ökumene, die "konfessionelles Profil und ökumenische Aufgeschlossenheit nicht gegeneinander ausspielen, sondern beides miteinander verbindet - im gemeinsamen Hören auf die Bibel als Ur-Kunde des christlichen Glaubens."

Speyer, 31. Oktober 2003

Pressestelle