Predigten des Landesbischofs und der Regionalbischöfe

Reformationstag 2003

Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern

31. Oktober 2003

Am Reformationstag, dem 31. Oktober, erinnert die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern mit zahlreichen Gottesdiensten und Veranstaltungen an den Beginn der Reformation durch Martin Luther vor fast 500 Jahren.

Vortrag von Landesbischof Dr. Johannes Friedrich am Reformationstag in St. Bartholomäus, Pegnitz: „Religion und Kirche sind wieder gefragt.“

„Religion und Kirche sind wieder gefragt“, beobachtet der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Dr. Johannes Friedrich. In seinem Vortrag zum Reformationstag in Pegnitz setzt er die aktuellen Herausforderungen, denen sich die Kirche zu stellen hat, in Beziehung zum biblisch-reformatorischen Auftrag der Kirche sowie zu den  Bedürfnissen und Erwartungen der Menschen. Eine Kirche, die ihren Auftrag in den Herausforderungen ihrer Zeit wahrnehme und dabei stets bei ihrer Sache bleibe, sei eine zukunftsfähige Kirche, erklärt der Landesbischof. Dann lebe Kirche aus einem guten Grund. Und dieses sei für die evangelischen Christen ein guter Grund, bei ihrer Kirche zu bleiben.

Friedrich weiter: „Kirche ist zukunftsfähig, wenn sie bei ihrer Sache bleibt, und das ist der Dienst am Evangelium in Wort und Sakrament, das den Menschen aufsucht, um ihn zu Glauben, Liebe und Hoffnung zu locken. Welche Struktur dafür am geeignetsten ist, das sollten wir nicht für festgelegt halten.“ Mitgliederbefragungen und Strukturmaßnahmen gehörten heute zum kirchlichen Alltag. Keine Kirche in Deutschland komme derzeit darum herum. Aber man müsse sich auch dessen bewusst bleiben, dass man damit nicht die Zukunft der Kirche garantieren könne: Die Zukunft der Kirche gründe sich auf die Sendung Gottes.

Predigt von Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler in der Christuskirche Wasserburg: Christen haben die Pflicht, sich einzumischen.

Das verantwortliche Handeln der Christen vor Gott und in der Welt ist Thema der Reformationspredigt der Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler. Christen seien Staatsbürger und Staatsbürgerinnen. Sie hätten das Recht und die Pflicht, sich einzumischen. Das ließe sich „glasklar“ biblisch begründen. Christen seien zu allen Zeiten auf Vergebung und Gnade angewiesen.

Zu allen Zeiten dürften sie bei Gott geliebte Menschen sein – „samt allen Fehlern, die wir privat und gesellschaftlich machen, und mit unseren weisen persönlichen und politischen Entscheidungen. Das ist auch ein Anlass, sich immer wieder neu in die Verantwortung für das eigene Leben und das anderer wahrhaftig 'hineinzustürzen'. Wir selber und unsere Kirche sind immer wieder zu erneuern, wie es in unseren Bekenntnisschriften heißt. Das Schönste daran ist: Persönliche und gemeinsame Reformation ist möglich – das hat uns Gott verheißen.“


Predigt von Regionalbischof Helmut Millauer in der Paulanerkirche Amberg:  Welche Werte bestimmen unser Gemeinwesen und unser Handeln?.

In seiner Predigt zum Reformationstag betont der Regensburger Regionalbischof Helmut Millauer die Bedeutung der Gebote Gottes als Bezugspunkt für die Werte, an denen wir unser Leben ausrichten. Beim Bau des neuen Europa beispielsweise würde die Frage nach den Werten gestellt, die das Fundament dieses neuen Gemeinwesens bildeten. Dies veranlasst ihn zu der Frage, inwieweit wir unsere jüdisch-christlichen Wurzeln und den Glauben an den einen Gott in der europäischen Verfassung noch erkennen.

Dass Christen mit ihrer Botschaft in unserer Gesellschaft nicht genügend Aufmerksamkeit fänden, sei nicht darauf zurück zu führen, dass sie zu aktuellen Fragen nicht ausreichend Stellung bezögen, sondern weil sie zuwenig auf die Antworten der Bibel gehört hätten – so Millauer. Bei Luther könne man lernen, wie man es richtig mache: Nicht das Reden, sondern das Hören auf das Evangelium sei der Anfang jeder Erneuerung.

Eine Kirche der Reformation, so Millauer, habe deshalb das Recht, sich so zu nennen, weil sie die Reformation stets als ihre Aufgabe wisse.

Predigt von Regionalbischof Helmut Völkel in Würzburg, St. Stephan: „Gott ist kein Zuchtmeister.“

Gegen ein falsch verstandenes Leistungsdenken wendet sich der Regionalbischof des Kirchenkreises Ansbach-Würzburg, Helmut Völkel, in seiner Predigt zum Reformationstag. Der Gedanke „wenn ich etwas leiste und habe, dann bin ich wer“ sei bisweilen so tief in den Menschen verwurzelt, dass er sich auch auf den Glauben übertrage.

Das Reformationsfest wolle gerade heute die Christen durch Martin Luther dazu  anregen, den Blick für die Priorität der Liebe, der Barmherzigkeit und der Gnade Gottes zu schärfen. „Gott ist kein Zuchtmeister, der uns zu immer tolleren Leistungen treibt. Wir dürfen zuallererst erkennen, dass wir Beschenkte sind“, so Völkel.

München, 31. Oktober 2003

Michael Mädler
Stellv. Pressesprecher