Superintendent i.R. wegen Stasimitarbeit schuldig

Disziplinarkammer: Zweithöchstes Strafmaß verhängt

Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen

Die Disziplinarkammer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen hat den Superintendenten im Ruhestand, Peter Raatz, für schuldig befunden, 26 Jahre als IM „Johann Friedrich“ für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR gearbeitet zu haben. Nach dem Urteil der Disziplinarkammer werden dem 68jährigen Raatz, der seit 1996 im Ruhestand ist, für die Dauer von fünf Jahren alle Rechte aberkannt, die sich aus der Ordination ergeben. Danach darf er in dieser Zeit weder predigen, das Abendmahl austeilen, noch taufen oder Amtshandlungen vornehmen. Zudem wird seine Pension für fünf Jahre um 20 Prozent gekürzt. Die Kammer hat damit die zweithöchste Strafe verhängt, die für schwere Amtspflichtverletzungen möglich ist.

Nach Auskunft der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes war Raatz zwischen 1963 und 1989 freiwillig als IM tätig. Raatz war in dieser Zeit Pfarrer und hat von 1978 bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1996 als Superintendent in Vacha gearbeitet. Heute lebt er in der Nähe von Berlin.

Die Akten aus der Birthler-Behörde enthalten 295 Kopien von Berichten über Treffen zwischen Raatz und den Mitarbeitern der Staatssicherheit. Raatz ist für seine Tätigkeit vom MfS entlohnt worden und hat mehrere Auszeichnungen erhalten, zuletzt die „Verdienstmedaille der NVA“ in Gold. Raatz habe sich damit der „fortgesetzten Verletzung seiner dienstlichen Verschwiegenheitspflicht schuldig gemacht“, heißt es in dem Urteil. „Der Beschuldigte hat ... bewusst in Kauf genommen, dass der Schutzraum Kirche durch seine Kontakte zum MfS verletzt und preisgegeben wurde.“

Die Disziplinarkammer ist ein kirchliches Gericht, das bei gravierenden Amtspflichtverletzungen von Pfarrern und Kirchenbeamten zusammentritt. Sie besteht aus einem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt haben muss, und vier Beisitzern. Von diesen muss einer Jurist sein, zwei der Beisitzer kommen aus der Pfarrerschaft, einer ist Laie.

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