LWB reagiert auf LeserInnenbriefdebatte in deutscher Tageszeitung

Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre wurde 1999 ausdrücklich und offiziell unterzeichnet

Lutherischer Weltbund (LWB)

In einem Leserbrief an die Redaktion der in Deutschland erscheinenden Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) hat der Assistierende Generalsekretär für Ökumenische Angelegenheiten des Lutherischen Weltbunds (LWB), Pfr. Sven Oppegaard, klargestellt, dass mit Unterzeichnung der Gemeinsamen offiziellen Feststellung (GoF) am 31. Oktober 1999 in Augsburg (Deutschland) durch VertreterInnen des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und des LWB die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GE) von beiden Seiten ausdrücklich und offiziell unterzeichnet wurde.

Oppegaard reagierte damit auf eine LeserInnenbriefdebatte, die durch einen Artikel von Heike Schmoll in der FAZ vom 26. Juli 2003 ausgelöst wurde. Schmoll hatte betont, die GE sei nie vom Vatikan unterschrieben worden, sondern "nur die Gemeinsame offizielle Feststellung mit einer aus protestantischer Sicht sehr römischen Wahrnehmung der lutherischen Rechtfertigungstheologie".

In einem am 7. August in der FAZ veröffentlichten Leserbrief hatte der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Walter Kasper, bereits auf die Behauptung Schmolls, der Päpstliche Einheitsrat sei "eine nachgeordnete Behörde ohne Richtlinienkompetenz in den wirklich entscheidenden Fragen der Lehre der Kirche", reagiert. Es sei eine "geradezu abenteuerliche Vorstellung, zu meinen, der Präsident des Einheitsrates habe ohne Rücksprache, in diesem Fall ohne ausdrückliche Zustimmung der Glaubenskongregation und des Papstes selbst, einer theologisch so weit reichenden Erklärung zugestimmt", so der Kurienkardinal.

Die Berliner Professorin Dr. Dorothea Wendebourg unterstützte dagegen in einem am 19. August in der FAZ abgedruckten LeserInnenbrief die Sichtweise Schmolls und erklärte, die lutherischen Kirchen hätten nur zur GE Stellung genommen, jedoch nicht zur dann unterzeichneten GoF.

Oppegaard stellt in seiner Erwiderung klar, dass die GoF mit den Worten schließt: "Durch diesen Akt der Unterzeichnung bestätigen die Katholische Kirche und der Lutherische Weltbund die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre in ihrer Gesamtheit."

Wenn ein von TheologInnen erarbeitetes Dokument von offiziellen kirchlichen Gremien bestätigt werden soll, sei es selbstverständlich, so Oppegaard, "dass dafür ein angemessenes Verfahren gefunden werden muss. Daher war eine von den offiziellen RepräsentantInnen des LWB und der römisch-katholischen Kirche zu unterzeichnende Erklärung zur Bestätigung der GE erforderlich."

Auf die Behauptung Wendebourgs, die LWB-Mitgliedskirchen hätten zur GoF und ihrem Anhang nicht Stellung bezogen, stellt Oppegaard klar, dass der Text des Anhangs allen Mitgliedskirchen rechtzeitig vor der Tagung des LWB-Rats Ende Juni 1999 zusammen mit ausführlichen Informationen zum Verfahren vorgelegt worden sei. Der Rat, als das die LWB-Mitgliedskirchen vertretende Leitungsgremium, habe in der Folge eine Entschließung angenommen, "mit der 'die Unterzeichnung der Gemeinsamen offiziellen Feststellung mit ihrem Anhang und dadurch die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung, die für den 31. Oktober 1999 in Augsburg geplant' war, offiziell gebilligt wurde".

Als überraschend bezeichnet Oppegaard die Behauptung Schmolls, die GoF entspreche "einer sehr römischen Wahrnehmung". Schmoll hatte in ihrem Artikel betont, dass die in der GoF als Ziel formulierte Einheit in versöhnter Verschiedenheit dadurch disqualifiziert werde, dass sich in der Erklärung "Lumen gentium" des Zweiten Vatikanischen Konzils eine ähnliche Formulierung finde. Mit einer solchen Interpretationsmethode als Grundlage, so Oppegaard, wäre die Erarbeitung eines jeglichen ökumenischen Textes erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. "Ohne solche Texte jedoch wüchse das Risiko, dass die Kirchen der Welt 'aneinander vorbeireden' und die Erarbeitung gemeinsamer Standpunkte würde sich zwangsläufig schwieriger gestalten."

Im Blick auf die Vorbereitung des 500. Jubiläums der Reformation im Jahr 2017 erklärte Oppegaard, der Empfehlung Schmolls zu folgen, sich gänzlich auf die erneute Bekräftigung protestantischer Positionen zu konzentrieren, würde "die LWB-Mitgliedskirchen ganz sicherlich nicht" erfreuen. Im Blick auf die GE bringe die Botschaft der Zehnten LWB-Vollversammlung, die vom 21. bis 31. Juli 2003 im kanadischen Winnipeg stattfand, "in angemessener Weise sowohl den positiven Wert des bereits Erreichten als auch die noch verbleibenden Aufgaben zum Ausdruck".

In ihrer Botschaft hatten die rund 380 Delegierten der LWB-Mitgliedskirchen in Winnipeg erklärt, dass sie als LutheranerInnen bekräftigen, "dass die Rechtfertigungslehre der Artikel ist, mit dem die Kirche steht oder fällt. Wir freuen uns, dass mit der Unterzeichnung der 'Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre' durch den LWB und die römisch-katholische Kirche im Jahr 1999 eine tiefe Kluft überbrückt worden ist. Die gegenseitigen Verurteilungen in Bezug auf die Rechtfertigung gelten nicht. Es bleiben jedoch weitere Herausforderungen, wie die Diskussion der bisher ungeklärten theologischen Fragen, die Rezeption und Auswirkungen der Übereinkunft in den Ortsgemeinden sowie die Untersuchung, was Rechtfertigung für die Welt von heute bedeutet."

Im Folgenden finden Sie den vollständigen Wortlaut des Leserbriefs von Pfr. Sven Oppegaard:

Visionen und Realitäten im Blick auf die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre

In der FAZ vom 27. Juli 2003 kommentierte Heike Schmoll das Grußwort Kardinal Walter Kaspers an die Zehnte Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds (LWB) und nahm dabei insbesondere Bezug auf die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre. Der Kardinal antwortete darauf in einem Leserbrief vom 7. August. Am 19. August wurden in einem Lesebrief von Professorin Dorothea Wendebourg weitere Bemerkungen dazu veröffentlicht.

Da der Lutherische Weltbund (LWB) als Partner an der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GE) maßgeblich beteiligt ist, möchte ich einige der erwähnten Punkte richtig stellen.

Zunächst eine Bemerkung zu der Behauptung von Schmoll und Wendebourg, dass am 31. Oktober 1999 lediglich die Gemeinsame offizielle Feststellung und nicht die GE als solche unterzeichnet worden sei: Wenn ein von TheologInnen erarbeitetes Dokument von offiziellen kirchlichen Gremien bestätigt werden soll, ist es selbstverständlich, dass dafür ein angemessenes Verfahren gefunden werden muss. Daher war eine von den offiziellen RepräsentantInnen des LWB und der römisch-katholischen Kirche zu unterzeichnende Erklärung zur Bestätigung der GE erforderlich.

Darüber hinaus war nach Juni 1998 eine klärende Gesprächsrunde zwischen dem LWB und der römisch-katholischen Kirche notwendig, um bestimmte auf katholischer Seite verbleibende Fragen zu klären. Ergebnis dieser Runde war der sogenannte "Anhang".

Dieser Anhang geht nicht über die in der GE getroffenen Vereinbarungen hinaus, sondern hatte eine klärende Funktion. Der Text des Anhangs wurde allen Mitgliedskirchen rechtzeitig vor der Tagung des LWB-Rats Ende Juni 1999 zusammen mit ausführlichen Informationen zum Verfahren vorgelegt. Der Rat, als das die LWB-Mitgliedskirchen vertretende Leitungsgremium, nahm in der Folge eine Entschließung an, mit der "die Unterzeichnung der Gemeinsamen offiziellen Feststellung mit ihrem Anhang und dadurch die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung, die für den 31. Oktober 1999 in Augsburg geplant " war, offiziell gebilligt wurde. Die Gemeinsame offizielle Feststellung verweist zwar unter anderem auf den Anhang, betont jedoch gleichzeitig, dass die GE von beiden Seiten ausdrücklich und offiziell unterzeichnet wird. Die Gemeinsame offizielle Feststellung schließt unmittelbar vor den Unterschriften mit folgenden Worten: "Durch diesen Akt der Unterzeichnung bestätigen die Katholische Kirche und der Lutherische Weltbund die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre in ihrer Gesamtheit."

Überraschend ist die Behauptung Schmolls, die Gemeinsame offizielle Feststellung entspreche "einer sehr römischen Wahrnehmung". Nach ihrer Auffassung wird der Satz aus der Gemeinsamen offiziellen Feststellung, in dem als Ziel angegeben wird, "zu voller Kirchengemeinschaft, zu einer Einheit in Verschiedenheit zu gelangen, in der verbleibende Unterschiede miteinander 'versöhnt' würden und keine trennende Kraft mehr hätten" dadurch disqualifiziert, dass sich in der dogmatischen Konstitution Lumen gentium des Zweiten Vatikanischen Konzils eine ähnliche Formulierung findet. Mit einer solchen Interpretationsmethode als Grundlage wäre wohl die Erarbeitung eines jeglichen ökumenischen Textes erheblich erschwert wenn nicht unmöglich gemacht. Ohne solche Texte jedoch wüchse das Risiko, dass die Kirchen der Welt 'aneinander vorbeireden' und die Erarbeitung gemeinsamer Standpunkte würde sich zwangsläufig schwieriger gestalten.

Würden wir bei der Vorbereitung des 500. Jubiläums der Reformation im Jahr 2017 Schmolls Empfehlung folgen, uns gänzlich auf die erneute Bekräftigung protestantischer Positionen zu konzentrieren, wären die LWB-Mitgliedskirchen ganz sicherlich nicht erfreut. Im Blick auf die GE bringt die Botschaft der Zehnten LWB-Vollversammlung (vom Juli 2003), bei der alle LWB-Mitgliedskirchen vertreten waren, in angemessener Weise sowohl den positiven Wert des bereits Erreichten als auch die noch verbleibenden Aufgaben zum Ausdruck:

"Als LutheranerInnen bekräftigen wir, dass die Rechtfertigungslehre der Artikel ist, mit dem die Kirche steht oder fällt. Wir freuen uns, dass mit der Unterzeichnung der 'Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre' durch den LWB und die römisch-katholische Kirche im Jahr 1999 eine tiefe Kluft überbrückt worden ist. Die gegenseitigen Verurteilungen in Bezug auf die Rechtfertigung gelten nicht. Es bleiben jedoch weitere Herausforderungen, wie die Diskussion der bisher ungeklärten theologischen Fragen, die Rezeption und Auswirkungen der Übereinkunft in den Ortsgemeinden sowie die Untersuchung, was Rechtfertigung für die Welt von heute bedeutet."

Pfr. Sven Oppegaard
Assistierender Generalsekretär
für Ökumenische Angelegenheiten
Lutherischer Weltbund, Genf

Genf, 05. September 2003
Pressestelle des LWB