„Healing of Memories“

GEKE berät über Fortsetzung der Versöhnungsarbeit unter Christen und zwischen Religionen

Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE)

15. September 2006

Die evangelischen Kirchen in Europa wollen stärker zur Versöhnung innerhalb der Christen und zwischen den Religionen beitragen. Mit einem Programm unter dem Namen „Healing of Memories“ (Die Erinnerungen heilen) wollen sie gegen Feindschaft und Abneigung angehen, die aus früheren religiös motivierten Kämpfen und Verfolgungen stammen und bis heute überdauert haben. Der Leiter des Programms, der württembergische Pfarrer Dieter Brandes, berichtete jetzt vor der in Budapest tagenden 6. Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) – Leuenberger Kirchengemeinschaft über das erste Projekt in Rumänien. Die Vollversammlung muss entscheiden, ob sie das 2004 von ihrem Exekutivausschuss auf den Weg gebrachte Programm durch einen Beirat stärker begleitet.

Wie Brandes erläuterte, haben die Kirchen in Rumänien mithilfe eines von der GEKE moderierten wissenschaftlichen Symposions 2005 im siebenbürgischen Klausenburg/Cluj begonnen, eine gemeinsame Interpretation ihrer kirchlichen und ethnischen Geschichte zu entwickeln, die eng miteinander verflochten sei.

Siebenbürgen weist kirchlich wie ethnisch eine große Vielfalt auf und gehörte bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu Ungarn. Viele der Beteiligten, sagte Brandes, hätten die historische Entwicklung noch nie aus dem Blickwinkel der anderen gesehen. Die einzelnen Beiträge werden in die Sprachen aller Teilnehmer übersetzt und sollen die überkommene Geschichtssicht aus dem jeweils eigenen Blickwinkel erweitern. Diese Phase soll bis zur nächsten Kirchenversammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung de Schöpfung im
September 2007 im siebenbürgischen Hermannstadt/Sibiu abgeschlossen sein.

In einer zweiten Stufe sollten die Beteiligten „Anteil nehmen am Schmerz der anderen“. Dann geht das Projekt in die Federführung der Konferenz Europäischer Kirchen über, in der evangelische, anglikanische und orthodoxe Kirchen des Kontinents zusammenarbeiten. Später könnten die Beteiligten Kirchen daraus eigene Kooperationen entwickeln. Das Programm der GEKE, das auf Vorbilder aus Südafrika zurückgeht und auch in Nordirland zum Einsatz
kam, wird aus Mitteln der Evangelischen Landeskirche in Württemberg finanziert.

Vor der Vollversammlung betonten Kirchenvertreter aus Rumänien, dass das Programm die Kirchen enger als bisher miteinander ins Gespräch gebracht habe. Nur der reformierte Theologe Prof. Dr. Tamas Juhasz wandte ein, dass die Kirchen nicht ausgleichen könnten, „was die Politik mit dem Beistand fast aller europäischen Länder angerichtet hat.“ Man solle die einheimischen Christen „in Frieden lassen und nicht ihre Friedfertigkeit mit äußeren Mitteln, auch nicht mit ökumenischer Macht, in Zweifel ziehen.“ Seine Kirchen beteiligt sich aber an dem Programm. Wie Brandes betonte, bemüht sich die GEKE um ein sensibles Vorgehen. Kein Schritt erfolge ohne Initiative der Beteiligten.

Der Generalsekretär des Evangelischen Bundes in Deutschland, Walter Fleischmann-Bisten, meinte, das Programm sei eine „sehr wesentliche Aufgabe“ der GEKE. Es folge unmittelbar aus ihrer Vorstellung von der Ökumene als einer „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“. Unterschiedliche Meinungen gab es auf die Frage, ob das Programm um weitere Projekte ergänzt werden sollte.

Unter anderen plädierte die Europareferentin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Oberkirchenrätin Antje Heider-Rottwilm, dafür, die Kräfte nicht zu überschätzen und ein Projekt konsequent zu Ende zu bringen. Andere aufgaben könnten zwischen Beteiligten verabredet werden. Sie berichtete über Gesprächsrunden zwischen der EKD und den Kirchen in Serbien seit 1999, nachdem sich die Bundeswehr am Krieg gegen das Milosevic-Regime
beteiligt habe. 2004 sei auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz in die Gespräche eingestiegen. Es sei gelungen, bei der Neuordnung der Gesellschaft in Serbien die früher  vorherrschende orthodoxe Kirche zu bewegen, andere Kirchen als gleichberechtigt anzuerkennen und neue Ungerechtigkeiten zu vermeiden.

Budapest, 15. September 2006

Udo Hahn
Pressesprecher

Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE)