Von der Leyen: Kinderlärm sollte Musik in unseren Ohren sein

Öffentliche Debatte um das Wohl der Kinder ist nötig

Deutscher Evangelischer Kirchentag (DEKT)

27. Mai 2005

Mit dem Wunsch nach einer kinderfreundlichen Gesellschaft in Deutschland mit größerer  Fürsorge und einer öffentlichen Debatte dazu haben Politiker, Historiker und Theologen am Freitagmorgen in Bibelarbeiten beim 30. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hannover auch politische Akzente gesetzt.

Politik und Wirtschaft sollten den Kindern einen Platz in der modernen Welt sichern, forderte  die niedersächsische Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) in ihrer Bibelarbeit zur Kindersegnung des Markus-Evangeliums. Die Berufstätigkeit von Müttern müsse ermöglicht und von der Gesellschaft akzeptiert werden. Kinderlärm sollte Musik in den Ohren sein und nicht wie kürzlich von Frankfurter Richtern als Grund für eine Mietminderung bewertet werden. Für Kinder, um die sich keiner kümmere, brauche die Gesellschaft „Hafenmeister“, damit diese nicht im „Meer des Lebens“ untergehen. Eine solche Aufgabe könnten nicht nur Eltern wahrnehmen.

Der ehemalige Generalsekretär des Weltkirchenrates, Konrad Raiser, und seine Ehefrau, die Historikern Elisabeth Raiser, forderten eine öffentliche Debatte um das Wohl der Kinder. Die Diskussion sollte sich nicht auf das Entsetzen über die Pisa-Studien beschränken und auf die Frage, wie sich die Leistung der Kinder steigern lassen. Die Historikerin und der Theologieprofessor hielten ihre Bibelarbeit im Dialog.

Elisabeth Raiser appellierte an die Kirchentagsteilnehmer, sich für ein gutes schulisches Umfeld, eine gute Nachbarschaft und Spielplätze einzusetzen. Die Arbeitszeiten müssten familienfreundlich gestaltet werden. Konrad Raiser zitierte den Weltkindergipfel mit der Aussage der Kinder: „Nicht wir Kinder sind das Problem, im Gegenteil: Wir sind unverzichtbar für seine Lösung.“

Der Leipziger Pfarrer Christoph Führer prangerte an, dass sich unmerklich eine familien- und kinderfeindliche Welt etabliert habe. Hinter deren Wohlstandsfassade verkümmerten die Beziehungen, die Gesellschaft verforme ihre Menschen und mache die Kinder zu Opfern.  Kinder würden als Armutsrisiko und „Störfall“ gesehen. „In so einer Welt wundert einen dann nicht einmal mehr folgende Annonce eines Vermieters, wo es zum Schluss heißt: ‚Haustiere möglich, Kinder nicht!’“, bemerkte Führer spitz.

27. Mai 2005
Nachrichtenredaktion Kirchentag