Renate Schmidt beklagt Kult der Kinderlosigkeit

Politiker fordern: Paaren muss es leichter gemacht werden, sich für Kinder zu entscheiden

Deutscher Evangelischer Kirchentag (DEKT)

27. Mai 2005

Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) hat sich für die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Kindererziehung stark gemacht. „Wir müssen dazu kommen, dass es normal ist, dass Menschen sowohl Kinder haben als auch berufstätig sind“, forderte sie am Donnerstagabend auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag. In der Podiumsdiskussion „Dein Kind ist unser Kind“ sprach sie sich dafür aus, dass Elterngeld höher bemessen werden müsse, um als Lohnersatz anerkannt zu werden. Nur so könne man auch Männer dazu motivieren, Elternzeiten wahrzunehmen: „In Schweden, wo es ein Modell zum Lohnausgleich gibt, gehen 37 Prozent der Väter in Elternzeit. Das möchte ich hier auch erreichen!“

In Deutschland mache sich ein Kult der Kinderlosigkeit breit, kritisierte Schmidt. Er resultiere  unter anderem daraus, „dass Mütter es falsch machen, egal wie sie es machen: Entweder sie gelten als depperte Hausfrauen oder als berufstätige Rabenmütter. Beides ist Blödsinn“, kritisierte die Ministerin. Die traditionelle Erziehung von Kindern durch ihre Mütter müsste sozial anerkannt werden. Dennoch bräuchte es aber für berufstätige Eltern verbesserte Angebote im Bereich der Ganztagsbetreuung: „Damit man zwischen beiden Varianten wählen kann, müssen ja erst mal beide möglich sein.“

Netzwerke zur Betreuung kleiner Kinder erachtet auch die niedersächsische Landesbischöfin Margot Käßmann für dringend notwendig: „Momentan gibt es jährlich 130.000 Frauen, die ein Kind nicht bekommen wollen, das schon unterwegs ist. Viele von ihnen haben schon Kinder, sind alleinerziehend, berufstätig und haben niemanden, der sich um ihr Kind kümmern könnte. Das finde ich bedrückend.“

Für einen Mentalitätswechsel plädierte der niedersächsische CDU-Fraktionsvorsitzende, David McAllister: „Eine Gesellschaft, die nach Lebenszeit statt nach Leistung bezahlt, muss sich nicht wundern, wenn junge Menschen keine Kinder wollen.“ Im Alter zwischen 25 und 45 Jahren würde von Berufstätigen ein so hoher Einsatz verlangt, dass sich viele nicht in der Lage sähen, auch noch Kinder groß zu ziehen. Ein sinnvolles Konzept sei es, schulische wie universitäre Ausbildungen zu verkürzen: „Sonst ist das Zeitfenster für eine Familiengründung zu klein.“

27. Mai 2005
Nachrichtenredaktion Kirchentag