Kirchensteuereinnahmen steigen kurzfristig an

30 Millionen Euro mehr für 2006 erwartet – Mittelfristige Planung aber eher pessimistisch

Evangelische Landeskirche in Württemberg

15. Juli 2006

Stuttgart/ Aalen. Obwohl die Kirchensteuereinnahmen der Landeskirche seit Ende letzten Jahres unerwartet ansteigen, will Finanzdezernent Martin Kastrup an den im vergangenen Herbst gefassten Sparvorhaben grundsätzlich festhalten. Der Immobilienbestand soll reduziert, die Sonderzuwendungen für kirchliche Beschäftigte gestrichen, Pfarrstellen wie geplant abgebaut werden. Grund: vorübergehend steigende Kirchensteuereinnahmen änderten nichts an „finanziell deutlich angespannteren Zeiten“, die Kastrup in der Mittelfristigen Finanzplanung erwartet. Gleichzeitig sieht Kastrup, dass Kürzungen bei den Personalkosten im Moment „nicht vertretbar und in Tarifgesprächen nicht durchsetzbar“ seien.

Das derzeitige Kirchensteueraufkommen übersteigt die Erwartungen um rund 30 Millionen Euro jährlich. Statt der noch im letzten Herbst erwarteten 456 Millionen Euro nimmt die Landeskirche in diesem Jahr also voraussichtlich 485 Millionen Euro ein. Kastrup rechnet damit, dass die Aufwärtsbewegung bis 2008 anhält. Die Mehreinnahmen sollen benutzt werden, um die Versorgung der Ruheständler langfristig sicherzustellen. Die vorhandenen Rücklagen für diese Zwecke seien „rudimentär“. Zahlungen für Versorgung und Beihilfe für Pfarrer, Kirchenbeamte und Angestellte seien zurzeit „fast vollständig aus den laufenden Haushaltsmitteln zu leisten“, so Kastrup.

Der konjunkturelle Aufschwung in Deutschland, Änderungen bei der Steuergesetzgebung und Lohnsteigerungen sind laut Kastrup die Hauptgründe für die Mehreinnahmen, die alle Kirchen zu verzeichnen hätten. „Anders als befürchtet, haben die Steuerreformen der neuen Bundesregierung bisher zu keinen zusätzlichen Belastungen der Kirchen geführt“, so der Finanzdezernent. Die Auswirkungen weiterer Steuerreformschritte seien allerdings noch nicht absehbar.

Rückläufige Gemeindegliederzahlen und ein Finanzkraftverlust bei steigenden Personalkosten engten den Handlungsspielraum der Kirche ein. Hinzu kommt die steigende Zahl der Ruheständler, das heißt: langfristig sinkende Kirchensteuereinnahmen bei einer steigenden Versorgungslast der Landeskirche für ihre Angestellten, Pfarrer und Kirchenbeamten im Ruhestand. Außerdem sei mit zurückgehenden öffentlichen Zuschüssen zu rechnen aufgrund der Überschuldung der öffentlichen Hand. Kastrup geht deshalb nach wie vor von einem finanziellen „Sinkflug“ der Landeskirche aus. 

Der Finanzausschuss hat sich hinter Martin Kastrups Einschätzung gestellt und an die „langfristig wahrzunehmende Verantwortung der Landeskirche“ für alle Mitarbeiter, nicht nur die Pfarrer, erinnert. „Gleiche Bedingungen für die Altersabsicherung auch der Beamten und Angestellten ist dem Finanzausschuss ein wichtiges Anliegen, sagte die Vorsitzende des Finanzausschusses, Wiebke Wähling.

Astrid Günther

15. Juli 2006