Bischöfe rufen zur Wahlbeteiligung auf

Gemeinsames Wort zu den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern

Pommersche Evangelische Kirche

Die evangelischen und katholischen Bischöfe des Landes haben die Bürger angesichts der bevorstehenden Europa- und Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern zur Wahlbeteiligung aufgerufen.

In dem von den Bischöfen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs, Hermann Beste, bzw. der Pommerschen Evangelischen Kirche, Dr. Hans-Jürgen Abromeit, sowie den katholischen Erzbischöfen, Dr. Werner Thissen, Hamburg, und Kardinal Georg Sterzinsky, Berlin, unterzeichneten Aufruf heißt es wörtlich: „Die Demokratie lebt davon, dass sich möglichst viele in die politische Willensbildung einbringen. Deshalb bitten wir Sie: Zeigen Sie Ihr Engagement für die Europäische Union und für Ihre Kommune und beteiligen sich an den Wahlen am 13. Juni.“

Die Bischöfe erinnern daran, dass die gegenwärtige Stagnation des Wachstums nicht dazu verleiten dürfe, die europäische Einigung auf ihre wirtschaftliche Seite zu begrenzen. Europa müsse eine Wertegemeinschaft sein, die auf der Grundlage ihrer christlichen Tradition eine Kultur der Menschenwürde, des Friedens und der Versöhnung, der Freiheit und der Toleranz, der Gerechtigkeit und des sozialen Ausgleichs sowie der Bewahrung der natürlichen Umwelt fördere und sich dazu bekenne.

Das hohe Maß an Erwerbslosigkeit dürfe nicht dazu führen, dass immer mehr Menschen in Armut gerieten. Die Schaffung fairer Arbeitsmöglichkeiten für alle müsse ein Schwerpunkt der Politik sein.

Greifswald, 10. Juni 2004

Torsten Amling
Pressesprecher


Wort zu den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern am 13. Juni 2004

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Schwestern und Brüder!

Am 13. Juni sind wir aufgerufen, die Mitglieder des Europäischen Parlaments zu wählen.

Nach dem Beitritt von weiteren 10 Ländern  am 1. Mai dieses Jahres zur Europäischen Union, zu denen auch unser Nachbarland Polen gehört, bieten diese Wahlen für insgesamt 450 Millionen Einwohner aus 25 Staaten die Chance,  sich aktiv an der inneren Ausgestaltung der vergrößerten Staatengemeinschaft zu beteiligen.

In unserem Bundesland finden am selben Tag die Wahlen zu den Gemeinde- bzw. Stadtvertretungen, den Kreistagen  und die Wahl der ehrenamtlichen Bürgermeister statt. So sehen wir uns herausgefordert, unsere Verantwortung im lokalen als auch  im  überregionalen Horizont wahrzunehmen.

Vor Ort als auch im europäischen Rahmen müssen die Parlamente in der nächsten Legislaturperiode Probleme angehen, die uns bereits heute beschäftigen:

- Die gegenwärtige Stagnation des Wachstums darf nicht dazu verleiten, die europäische Einigung auf ihre wirtschaftliche Seite zu beschränken.Europa muss eine Wertegemeinschaft sein, die auf der Grundlage ihrer christlichen Tradition eine Kultur der Menschenwürde, des Friedens und der Versöhnung, der Freiheit und der Toleranz, der Gerechtigkeit und des sozialen Ausgleichs sowie der Bewahrung der natürlichen Umwelt fördert und sich dazu bekennt.

- Das hohe Maß an Erwerbslosigkeit darf nicht dazu führen, dass immer mehr Menschen in Armut geraten. Die Schaffung fairer Arbeitsmöglichkeiten für alle muss ein Schwerpunkt europäischer  Politik sein.

- Die demographische Entwicklung erfordert die gezielte Aufmerksamkeit für die jüngsten und die ältesten Glieder der Gesellschaft. Hierzu gehören gleiche Bildungschancen und das Recht, in Würde alt zu werden.

- Nach wie vor ist für die meisten Europäer die Familie der wichtigste Ort  für Sicherheit, Stabilität und Wohlergehen. Sie verdient deshalb besondere Förderung und Unterstützung.

- Im Wettbewerb bei der Entwicklung neuer Technologien und Produkte gilt es, wirtschaftlichen Vorteil und mögliche Auswirkungen auf das menschliche Leben genau abzuwägen. Die Freiheit von Wissenschaft und Forschung hat ihre Grenze in der Ehrfurcht vor dem Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod.

- Auch angesichts der Gefährdung der Bevölkerung durch den Terrorismus muss es dabei bleiben, dass seine Bekämpfung nur  im Rahmen internationalen Rechts und im Respekt  vor den Menschenrechten erfolgen kann. Grundlegende Voraussetzung für mehr Sicherheit bleibt jedoch der Einsatz der Europäischen Union für eine gerechtere Weltordnung sowie der friedfertige  Dialog der verschiedenen Kulturen und Religionen innerhalb Europas und über seine Grenzen hinaus.

Innerhalb unseres Bundeslandes zielt die Politik darauf ab,  Landkreisen und Kommunen mehr Kompetenzen zuzuweisen. Dies erhöht die Verantwortung der Kreistage sowie der Gemeinde – und Stadtvertretungen vor Ort. So  entscheiden sie über die Ausgestaltung wichtiger sozialer Leistungen, z.B.:

- In welchen Umfang können Jugendeinrichtungen gefördert werden?

- Welche Unterstützung kann Seniorenbegegnungsstätten gewährt werden?

- Wie kann ein ausreichendes Netz an Beratungsstellen erhalten werden?

- Ein vollkommen neues Aufgabengebiet haben die Kreise und Kommunen mit der Durchführung des neuen Kindertagesförderungsgesetzes übernommen. So tragen sie  entscheidende Mitverantwortung für die Höhe der zu erwartenden Elternbeiträge.

Die Lösung all dieser Aufgaben, ob auf europäischer Ebene oder vor Ort,  ist  ohne die Menschen, die bereit sind, politische Verantwortung zu übernehmen, nicht denkbar. Mit unserem Dank wollen wir sie darin bestärken, trotz nicht ausbleibender Rückschläge und Enttäuschungen  ihren Dienst am Gemeinwohl zu versehen. Das schließt das offene und kritische Gespräch mit ihnen ein.

Bei der Entscheidung,  welche Kandidaten und welche Parteien unsere  Stimmen erhalten, wird ausschlaggebend sein, wie eng die Verbindung der Kandidaten zu den Wählern ist, wie ernst auch Ängste der Bürger genommen werden, wie offen über die anstehenden Aufgaben gesprochen wird, und welche Problemlösungen angeboten werden.

Nehmen Sie deshalb die Gelegenheiten wahr, sich über Programme und Kandidaten, über Wesen und Ernsthaftigkeit der Parteien zu informieren. Lassen Sie sich nicht durch unrealistische Versprechen irreleiten.

Die Demokratie lebt davon, dass sich möglichst viele in die politische Willensbildung einbringen. Deshalb bitten wir Sie: Zeigen Sie Ihr Engagement für die Europäische Union und für Ihre Kommune und beteiligen sich an den Wahlen am 13. Juni.

Mit Segenswünschen

Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit
Greifswald

Landesbischof Hermann Beste
Schwerin

Kardinal Georg Sterzinsky
Berlin

Erzbischof Dr. Werner Thissen
Hamburg