Auslandsgemeinden sehen wachsende soziale Herausforderung

 (epd). Die evangelischen deutschsprachigen Kirchengemeinden im Ausland wollen angesichts wachsender sozialer Notstände mit eigenen diakonischen Strukturen und Einrichtungen reagieren. Bereits in einem Drittel der Gemeinden, die an 55 Orten in Europa bestehen, gebe es Kindergärten, Altenheime, Beratungsstellen oder Hospizgruppen, berichtete Oberkirchenrat Wolfgang Wild (Hannover) beim am Montag zu Ende gegangenen Konvent der europäischen Auslandspfarrer der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Löwenstein (Kreis Heilbronn).

Die deutschsprachigen evangelischen Auslandsgemeinden haben eigene, von der EKD entsandte Seelsorger. Im zweijährigen Turnus treffen sie zu Fortbildung, Information und Erfahrungsaustausch in einem europäischen Konvent zusammen. An dieser "Europäischen Auslandspfarrerkonferenz" in Löwenstein nahmen Pfarrerinnen und Pfarrer aus 46 Einsatzstellen von Portugal und Irland über Frankreich und Tschechien bis Finnland, Russland, Ukraine und Ungarn teil.

Für die Protestanten unter den etwa sechs Millionen im Ausland lebenden Deutschen eine heimatliche Gemeinde anzubieten sei eine Gemeinschaftsaufgabe der Evangelischen Kirche in Deutschland seit ihrer Gründung, betonte Oberkirchenrätin Antje Heider-Rottwilm. "Wir wollen den Betroffenen Heimat in der Fremde sein", so die Leiterin der Europaabteilung im Kirchenamt der EKD.

02. August 2005

 
 
Antwort auf dringende soziale Fragen gesucht - Auslandspfarrer-Konvent tagte in Löwenstein

Von Susanne Müller (epd)
(epd). Die Teilnahme am Konvent der Auslandspfarrer in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist Dienstpflicht, sagt Oberkirchenrat Wolfgang Wild (Hannover). Für die Pfarrerinnen und Pfarrer aus 46 Städten in Europa scheint es eher ein Recht zu sein. Auf die Referenten in Löwenstein (Landkreis Heilbronn) prasseln Fragen ein, deren Beantwortung für die Gemeinden im Ausland offensichtlich wichtige Lebenshilfe ist.

Das reicht vom Problem, eine psychisch erkrankte Witwe aus Südwesteuropa nach Jahrzehnten im Ausland wieder "nach Hause" zu bringen, wo sie zwar eine gute medizinische Versorgung, aber keinerlei Bekannte mehr hat - bis zur Hilfe für Deutsche, die in Osteuropa im Gefängnis sitzen ohne Zahnbürste, geschweige denn Geld.

Bei der Europäischen Auslandspfarrerkonferenz, die in der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein stattfand, treffen unterschiedlichste Arbeitsfelder aufeinander. Oberkirchenrätin Antje Heider-Rottwilm sagt, dass nicht nur die Deutschen im Ausland eine "Heimat in der Fremde" haben sollen, wenn sie an 55 Orten in Europa auf von der Evangelischen Kirche in Deutschland ausgesandte Seelsorger treffen. Auch diese und ihre Familien, die für die Einsatzjahre im Ausland aus ihren Landeskirchen herausgelöst leben, sollen in dem Konvent Zusammenhalt und Unterstützung erfahren, so die Leiterin des EKD-Europaabteilung.

Thema des laufenden Konvents ist "Subsidiarität und Suppenküche - Möglichkeiten und Grenzen diakonischen Engagements in Auslandsgemeinden". Oberkirchenrat Wolfgang Wild betont, dass bereits ein Drittel der Auslandsgemeinden diakonische Einrichtungen haben wie Kindergärten, Altenheime, Beratungsstellen oder Hospizgruppen. Der Bedarf an solchen Diensten nehme stark zu.

Ein Schwerpunktthema sei das Stichwort "Alter". In den Auslandsgemeinden leben viele Flüchtlinge oder Personen, die durch Heirat ins Ausland kamen. Oft stehen sie inzwischen allein da und können nicht mehr für sich sorgen. "Viele können auch nach Jahrzehnten die Landessprache noch nicht ausreichend und kennen sich im sozialen Hilfenetz vor Ort nicht aus", sagt Wild.

Die geistliche Gemeinschaft der Auslandsgemeinden pflegt nicht nur kulturelle Werte, veranstaltet beispielsweise Konzerte, sondern ist auch Teil des Hilfenetzes für Auslandsdeutsche und setzt Signale in ihre Umwelt. Matthias Kaiser vom Leitungskreis schildert, dass die gut situierte evangelische Gemeinde in Brüssel in ihrem direkten Umfeld Armut und Elend entdeckt hat und deshalb in einem sozial benachteiligten Stadtgebiet aktiv wurde.

"Unsere Arbeit hat eine starke ökumenische Dimension", berichtet Oberkirchenrat Reiner Rinne von der EKD in Hannover. Die Pfarrfamilien im Ausland seien "ökumenische Botschafter". In manchen Ländern seien die deutschen Seelsorger in die örtlichen Kirchen integriert. In Tourismuszentren gibt es auch sommerliche Kurzeinsätze von Seelsorgern. Meist sei aber der Übergang zwischen "Touristengemeinde" und fester Auslandsgemeinde fließend, berichtet Wolfgang Wild.

Zum Konvent nach Löwenstein sind Pfarrerinnen und Pfarrer samt ihren Familien gekommen, die in Portugal, Spanien und Italien, Irland, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg im Einsatz sind. Auch aus der Schweiz, Norwegen, Schweden, Finnland, Lettland, Russland, Tschechien, der Ukraine, Ungarn und Griechenland waren sie ins württembergische Unterland gereist.

02. August 2005