Rainer Eppelmann würdigt Oskar Brüsewitz als "Lehrer für Zivilcourage"

Der frühere DDR-Bürgerrechtler und heutige Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Aufarbeitung, Rainer Eppelmann. (Foto: epd-Bild/Jürgen Blume)
Der frühere DDR-Bürgerrechtler und heutige Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Aufarbeitung, Rainer Eppelmann. (Foto: epd-Bild/Jürgen Blume)
Berlin (epd). Der frühere DDR-Bürgerrechtler Rainer Eppelmann hat den evangelischen Pfarrer Oskar Brüsewitz als einen "Lehrer für Zivilcourage" gewürdigt. In gewisser Weise könne man ihn in einer Reihe sehen mit Dietrich Bonhoeffer oder Claus Schenk Graf von Stauffenberg, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Aufarbeitung dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Brüsewitz hatte sich am 18. August 1976 aus Protest gegen die DDR-Bildungspolitik vor der Michaeliskirche in Zeitz (Sachsen-Anhalt) mit Benzin übergossen und angezündet.

Regelmäßig an Brüsewitz erinnern

Vier Tage später erlag der damals 47-jährige Familienvater seinen schweren Verletzungen in einem Hallenser Krankenhaus. Die Tat löste in der DDR, aber auch in der Bundesrepublik, Entsetzen aus und führte zu Diskussionen über das Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Die SED-Propaganda versuchte, die Tat von Brüsewitz als Aktion eines psychisch labilen Menschen darzustellen.

Brüsewitz sei es wert, dass man regelmäßig an ihn erinnert, sagt der DDR-Bürgerrechtler Eppelmann dem epd aus Anlass des 40. Jahrestages der Selbstverbrennung. Er habe wie andere in der Geschichte auch das Gefühl gehabt, etwas unternehmen zu müssen, weil er eine Entwicklung als gefährlich, ungerecht oder unmenschlich erlebt habe. Damit gehöre Brüsewitz zu den "Menschen, die auf eine ungewöhnliche Art und Weise Zivilcourage gezeigt haben". Eppelmann unterstrich, Brüsewitz habe so "ein Stück mit dazu beigetragen, dass die Zustände in unserem Land sich zum Positiven verändert haben".

Anderen "Mut gemacht, ihre kritische Meinung zu sagen"

Das Verhalten der Kirchenoberen nach Brüsewitz' Selbstverbrennung sei nicht immer klar und eindeutig gewesen, erinnerte sich Eppelmann. So habe es etwa geheißen, dass das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in der DDR keinen Schaden nehmen dürfe. Man müsse sehen, dass die DDR nicht populistisch vom Westen über die Maßen kritisiert und der Fall Brüsewitz im Kampf der Systeme im Kalten Krieg missbraucht werde. Das habe ihn irritiert, sagte Eppelmann. Nach der deutschen Einheit hätten dann die Kirchenoberen zum Teil auch offen zugegeben, dass es Leute wie Oskar Brüsewitz gebraucht habe – "auch im Gespräch mit den staatlichen Stellen in der DDR".

Der Pfarrer aus Rippicha habe mit seiner Tat "ein wichtiges Zeichen gesetzt", urteilte der letzte DDR-Verteidigungsminister. "Und er hat sicherlich etlichen Pfarrern und Gemeindemitgliedern Mut gemacht, ebenfalls ihre kritische Meinung zu sagen", fügte Eppelmann hinzu. Sogar Marxisten hätten sich damals gegenüber dem DDR-Regime zu einem scheinbar innerkirchlichen Vorgang geäußert. Dass Brüsewitz deutlich Farbe bekannt habe, sei nach seiner Überzeugung eine "dauerhafte Leistung".

Jens Büttner (epd)

11. August 2016

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