Eisenacher Lutherhaus als modernes reformationsgeschichtliches Museum wiedereröffnet
Damit wird nicht nur die zentrale Bedeutung Eisenachs für Luthers Bibelübertragungen deutlich, die 1521 während der Schutzhaft des bedrohten Reformators auf der nahen Wartburg mit der Übersetzung des Neuen Testaments begann. Zugleich grenzt sich der Rundgang thematisch ab von anderen Luther-Ausstellungen. Weitere Themen sind Luther und Eisenach, die Geschichte des Lutherhauses und die Verbreitung der Lutherbibel.
Altartuch aus zerschnittenen Chormänteln eines aufgelösten Klosters
Wie die Reformation die Kirche veränderte, wird an ganz einfachen Beispielen deutlich: Neben einem kleinen Abendmahlskelch aus katholischem Umfeld steht ein deutlich größerer Kelch aus einer evangelischen Kirche. Weil dort Brot und Wein an die gesamte Gemeinde gereicht wird, waren fortan größere Kelche erforderlich. Erstmals zu sehen ist der Römhilder Textilschatz aus der Thüringer Rhön – ein Altartuch, das einst kurzerhand aus den zerschnittenen Chormänteln eines aufgelösten Klosters geschneidert wurde.
Erster Ausstellungsbereich zu den "Deutschen Christen"
Denn letztlich habe Luther die Bibel übersetzt, damit sich Kirche und Welt an ihr orientieren "und nicht nur in ihren eigenen Ideen und Ängsten gefangen" bleiben, betonte die Bischöfin. Aktuell sei es "wunderbar" zu erleben, "wie lebendig das biblische Gebot der Nächstenliebe und der Mitmenschlichkeit in den Herzen der Menschen ist angesichts der Not der vielen Menschen, die auf der Flucht vor Verfolgung und Tod einen Weg zu uns und nach Europa suchen".
Als Kuratoriumsvorsitzende der Lutherhaus-Stiftung erinnerte Junkermann in der Georgenkirche, in der einst Luther predigte und Bach getauft wurde, aber auch an die "schwere Schuldgeschichte" des antisemitischen "Entjudungsinstituts" während der NS-Zeit. Das Institut in Eisenach sollte im Auftrag von 13 evangelischen Landeskirchen aus der Lutherbibel sowie den Gesangbüchern und dem gesamten kirchlichen Leben jüdische Einflüsse entfernen. Der kirchlichen Einrichtung der regimenahen "Deutschen Christen" widmet das Lutherhaus erstmals einen eigenen Ausstellungsbereich.
Neu nach der Mitte der Schrift fragen
Diese "zutiefst beschämende Geschichte" müsse erinnert und erzählt werden "als Mahnung und als Warnung vor Selbstüberheblichkeit" und "damit wir neu nach der Mitte der Schrift fragen", bekräftigte die Bischöfin. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) erinnerte in seinem Grußwort daran, dass nicht zuletzt Luthers Antijudaismus den Anstoß gegeben habe zum Antisemitismus der Nationalsozialisten, die sich damit auf den Reformator berufen konnten.
An diesen Zusammenhang erinnerte auch der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm. Er sei dankbar, dass die neue Ausstellung dieses Thema dokumentiert. Er sehe darin ein Zeichen dafür, dass in der mitteldeutschen Kirche "der hoffnungsvolle Weg der christlich-jüdischen Versöhnung weitergeht", fügte Schramm in seinem Grußwort hinzu.
Der Überlieferung nach wohnte Luther im heutigen Museum während seiner Eisenacher Schulzeit als Lateinschüler von 1498 bis 1501. Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) nannte das Museum einen der wichtigsten touristischen Anziehungspunkte neben der Wartburg und dem Bachhaus. In der "wunderbaren Symbiose aus Alt und Neu" sei es nunmehr gewappnet weit über das Reformationsjubiläum hinaus und verhelfe der Stadt "zu internationalem Renommee".
Thomas Bickelhaupt (epd)
28. September 2015
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