Heiligabend: Ein Feiertag, der keiner ist

Der Heilige Abend ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich

Von Christian Prüfer (epd)

Kassel (epd). Nein, Heiligabend ist kein Feiertag. Kein gesetzlicher, auch kein kirchlicher. Dennoch haben Behörden, Museen, Schwimmbäder und Diskotheken geschlossen. Nur die Kirchen haben Zulauf, und das nicht zu wenig: Die mit Abstand am besten besuchten Gottesdienste sind die am 24. Dezember, also am Heiligen Abend. Der Tag hat sich zu einer Art stillem Feiertag entwickelt - ganz ohne gesetzliche Grundlage. Am späten Nachmittag kommt eine ganze Gesellschaft zur Ruhe.

Dass der Heilige Abend heute fast so etwas wie ein Feiertag ist und für brechend volle Kirchen sorgt, war keineswegs immer so. "Es hat sich erst seit dem 19. Jahrhundert eingebürgert, dass dieser Tag ab dem frühen Nachmittag feiertagsähnliche Züge annimmt", erklärt Reinhard Mawick, Pressesprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland. Weihnachten beginne schließlich erst am 25. Dezember, dem ersten Weihnachtstag.

"Heiligabend ist frei", schildert etwa auch Stephan Krebs, Pressesprecher der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, die Praxis in der Kirchenverwaltung in Darmstadt. Das sei eine kulante Regelung, ein Geschenk an die Mitarbeiter sozusagen.

Selbst Zirkuskünstler müssen am Heiligen Abend nicht aufs Trapez. Das "Festival der besten Artisten" des Zirkus Flic Flac, der noch bis 9. Januar im nordhessischen Kassel gastiert, bietet am 24. Dezember keine Vorstellung an. "Das würde sich nicht rechnen", sagt Pressesprecher Martin Krockauer. Es sei kaum anzunehmen, dass man am Heiligen Abend das Zelt voll bekäme. Stattdessen dürfen die Artisten einen unbeschwerten Tag verbringen, doch schon am ersten Weihnachtstag geht es weiter im Programm.

Die Beliebtheit des Gottesdienstes am Heiligen Abend hatte vor zwei Jahren sogar Politiker auf die Idee gebracht, Platzkarten für Kirchenmitglieder auszugeben und Nichtmitglieder auf Restplätze zu verbannen oder ganz auszuschließen. Diese Idee fand jedoch keinerlei Anklang und verschwand ebenso schnell wie sie aufkam.

20. Dezember 2010

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