Menschenrechtsexperte Bielefeldt: Religionen müssen Kritik aushalten

Nürnberg (epd). Religionsvertreter müssen nach Ansicht des Menschenrechtsexperten Heiner Bielefeldt die Kritik von Medien aushalten. "Ohne Meinungsfreiheit gibt es auch keine Religionsfreiheit", sagte er am Mittwochabend bei der Tagung "Medien-Macht und Religionen" in Nürnberg. Religiöse Empfindlichkeiten dürften daher kein Grund für Einschränkungen der Medienfreiheit sein.

Religionen hätten gegenüber Journalisten kein Anrecht auf besondere Schonung, wohl aber auf Fairness, betonte Bielefeld, der Inhaber des Menschenrechts-Lehrstuhls an der Universität Erlangen-Nürnberg und als erster Europäer UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit ist. Er warnte davor, sensible Themen wie Zwangsverheiratung, Burka, Ehrenmord oder sexuellen Missbrauch zu tabuisieren.

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umfasse die Meinungsfreiheit auch Äußerungen, "die den Staat und einen Teil der Bevölkerung beleidigen, schockieren oder verstören", erklärte Bielefeldt. Seine Grenze finde dies nur bei Aufrufen zu Hass und Gewalt.

Muslimische Tagungsteilnehmer forderten die Journalisten auf, bei der Islam-Berichterstattung den Rat und die Erfahrung der islamischen Verbände in Anspruch zu nehmen. Journalisten seien lange Zeit mit vorgefassten Meinungen an die Arbeit gegangen, beklagte der Dialogbeauftragte der türkisch-islamischen Religionsvereinigung DITIB (Köln), Bekir Alboga. Erst die Islamkonferenz habe "eine Welle junger Journalisten geschaffen, die von uns ernsthaft etwas wissen wollen".

Bielefeldt leitete das Deutsche Institut für Menschenrechte und ist inzwischen Professor für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hatte Bielefeldt im Juni zum UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit ernannt. Das Amt übt der Theologe und Philosoph ehrenamtlich aus.

30. September 2010

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