Melanchthon Festakt: Ratsvorsitzender Schneider: Bildung darf kein Privileg Weniger sein

Wittenberg (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat am Montag den Reformator Philipp Melanchthon (1497-1560) gewürdigt. An einem Festakt in der Wittenberger Schlosskirche zum 450. Todestag Melanchthons nahmen Vertreter aus Kirche und Politik teil, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (beide CDU). Der amtierende EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider hob dabei die aktuelle Bedeutung Melanchthons für das Miteinander der Kirchen sowie die Notwendigkeit von Bildungsgerechtigkeit hervor.

"Die Reformation war eine Bildungsbewegung", sagte der rheinische Präses. Für Melanchthon, der an der Gründung von Schulen und Universitäten mitwirkte, sei Bildung eine Schlüsselfrage gewesen: "Das Megathema Bildung war seine Sache." Bildung dürfe kein "Privileg Weniger" sein, unterstrich der EKD-Repräsentant. Schneider trat für den Ausbau frühkindlicher Bildung und mehr Bildungschancen für sozial Schwache ein. Soziale Hemmnisse beim Zugang zu schulischer und universitärer Bildung müssten überwunden werden.

Der evangelische Theologe wandte sich gegen eine falsche Alternative zwischen Breiten- und Elitenförderung. Er warb für einen weiten Bildungsbegriff, der neben Fachwissen auch Orientierung vermittelt und die Persönlichkeitsbildung in den Mittelpunkt stellt. Ein fester Platz an öffentlichen Schulen gehört Schneider zufolge dem Religionsunterricht, denn eine zunehmend multireligiöse Gesellschaft sei auf "Gesprächsfähigkeit in religiösen Fragen" angewiesen. Weiter plädierte er für die Einbindung der theologischen Wissenschaft in der Universität.

Der Ratsvorsitzende bescheinigte Melanchthon und Martin Luther (1483-1546), sie seien erstaunlich von dem bis heute verbreiteten Drang frei gewesen, sich ins Rampenlicht zu drängen. Für das Gelingen der Reformation sei diese wechselseitige Wertschätzung entscheidend gewesen. Melanchthon sei zudem ein "Brückenbauer und Vermittler" gewesen, sagte Schneider. Für ökumenische Leidenschaft sowie die Mischung aus Prinzipientreue und geschmeidigem Verhandlungsgeschick sei er auch heute ein Maßstab. Dem evangelisch-katholischen Verhältnis ebenso wie dem Zusammenwirken von lutherischen, unierten und reformierten Kirchen im Protestantismus würde er guttun, fügte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland hinzu.

19. April 2010

Der Vortrag des amtierenden EKD-Ratsvorsitzenden, Präses Nikolaus Schneider

Fotostrecke vom Melanchthon-Festakt in der Schlosskirche zu Wittenberg


Merkel ruft zu Bildungsgerechtigkeit auf

Festakt für Reformator Melanchthon in Wittenberg

Wittenberg (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am 450. Todestag des Reformators Philipp Melanchthon zu mehr Bildungsgerechtigkeit aufgerufen. "Wir dürfen keine einzige Begabung verschenken", sagte sie am Montag bei einem Festakt in der Wittenberger Schlosskirche. "Zu oft entscheidet Herkunft heute noch über den Schulabschluss, den Start in den Beruf oder den Erfolg im Leben." Deutschland müsse zur "Bildungsrepublik" werden, gerade in Zeiten eines "globalen Wissensschubs".

Melanchthon, laut Merkel einer der "größten Bildungsreformer unserer Geschichte", gebe den heute Lebenden den Auftrag, den Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildung aufzubrechen. "Wir dürfen uns mit Bildungsarmut nicht abfinden", unterstrich die Kanzlerin. Bildungschancen seien "letztlich Lebenschancen".

Deshalb dürfe auch niemand aus finanziellen Gründen auf ein Studium verzichten müssen. Zudem gebe es zu viele Schülerinnen und Schüler in Deutschland, die am Ende ihrer Schulzeit nur unzureichend lesen und rechnen könnten. "Ihnen fehlen die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, um den steigenden Anforderungen in der Berufswelt gerecht zur werden", kritisierte Merkel.

Das Bildungssystem dürfe keine Türen verschließen, sondern müsse Türen öffnen. In diesem Zusammenhang würdigte sie das Engagement der Lehrer. Diese leisteten eine "unverzichtbare Arbeit". Diese gehe oft über das hinaus, was dafür bezahlt werde.

Zu den bekannt gewordenen Verfehlungen von Pädagogen an Schulen, Internaten und Kinderheimen sagte Merkel, selbstverständlich sei hier schonungslose und offene Aufklärung notwendig. Es müssten Konsequenzen aus den Missbrauchsfällen gezogen und Vorsorge getroffen werden. Zugleich warnte sie vor einem Generalverdacht gegenüber Pädagogen. Die große Mehrzahl der Lehrer arbeite "ehrbar und verantwortungsbewusst". Merkel: "Sie haben das Vertrauen von Schülern und Eltern verdient."

An dem Festakt für den Reformator Melanchthon (1497-1560) in der Wittenberger Schlosskirche nahmen Vertreter aus Kirche und Politik teil, darunter neben Merkel Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (beide CDU) und der amtierende EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider.

19. April 2010

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