Von der Leyen will Kampf gegen Armut verstärken

Madrid/Berlin (epd). Spaniens Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero hat am Donnerstag in Madrid das europäische "Jahr gegen Armut und Ausgrenzung" eröffnet. Die Union müsse "Politik für alle" machen und dürfe in der Wirtschaftskrise die sozial Schwachen nicht vergessen, sagte Zapatero als amtierender EU-Ratspräsident.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) rief zur stärkeren Unterstützung armer Menschen in Deutschland auf. Betroffene wie Alleinerziehende, Migranten oder Menschen ohne Berufsabschluss bräuchten Hilfe, um auf Dauer auf eigenen Beinen stehen zu können, sagte sie in Berlin.

Von der Leyen kündigte zahlreiche Initiativen gegen Armut im Inland an. Schirmherrin der bundesweiten Aktionen, deren Auftakt am 25. Februar in Berlin gefeiert wird, ist die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann. In Deutschland lautet das Kampagnen-Motto "Mit Neuem Mut".

Die Schlüsselbegriffe im Kampf gegen Armut hießen Zuwendung, Bildung und Teilhabe, sagte die Ministerin und forderte "Brücken raus aus der Armut". Als Beispiel nannte sie Kitaplätze für Alleinerziehende, die ihnen eine Arbeitsaufnahme ermöglichten, oder Angebote für Jugendliche, ihre gescheiterte Lehre abzuschließen.

Bischöfin Käßmann sagte, Armut und Ausgrenzung beschädigten das Selbstwertgefühl der betroffenen Menschen. Sie erinnerte besonders an das Schicksal der vielen Kinder, die keine Chance hätten, aus der Armut herauszukommen: "Ich wünsche mir, dass wir in einer solidarischen Gesellschaft Chancengerechtigkeit für alle erreichen", sagte Käßmann.

Für die Grünen forderte deren sozialpolitischer Sprecher Markus Kurth die Bundesregierung zum schnellen Handeln auf. Die Ursachen für die Armut in Deutschland seien bekannt: "Materielle Not entsteht durch die Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsteile." Viel zu niedrige Hartz-IV-Regelsätze, mangelnde Förderung von Langzeitarbeitslosen und ein ausgrenzendes Bildungssystem seien verantwortlich für die zunehmende Spaltung der Gesellschaft.

Neben einer Öffentlichkeitskampagne, die mehr Bewusstsein für Notleidende schaffen will, werden bundesweit ausgewählte Projekte gegen Armut finanziell gefördert. Anfang Februar sollen 40 Initiativen vorgestellt werden, die Gelder der EU und des Bundesarbeitsministeriums erhalten.

Spanien strebt während seiner EU-Präsidentschaft eine neue Ausrichtung der Sozialpolitik an. Die bisher als "Strategie von Lissabon" formulierten wirtschaftlichen und sozialen Ziele seien zu unverbindlich, hieß es. Europas neues Wachstumsmodell müsse ökologisch und sozial nachhaltig sein, sagte Regierungschef Zapatero. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso forderte die Regierungen der Mitgliedsstaaten auf, vor allem jugendliche Arbeitslose und Langzeitarbeitslose besser zu unterstützen. Europaweit gelten 78 Millionen Menschen als arm.

22. Januar 2010

Das Europäische Jahr 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung


Pressemitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

Von der Leyen: "Zuwendung, Bildung und Teilhabe sind der Schlüssel"

"Mit neuem Mut" will das Europäische Jahr 2010 gegen Armut und soziale
Ausgrenzung mobilisieren - Schirmherrin ist EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann

2010 ist das Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung in den 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union sowie in Norwegen und Island. Die Schirmherrschaft für Deutschland hat die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Landesbischöfin von Hannover, Dr. Margot Käßmann. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales organisiert in Deutschland die von der EU-Kommission initiierte Kampagne. Zentrales Ziel des EU-Jahres 2010, das in Deutschland unter dem Motto "Mit neuem Mut" steht, ist, das Bewusstsein für Armut und soziale Ausgrenzung sowie die gesellschaftliche Verantwortung zu schärfen und allen den Rücken zu stärken, die die Probleme im Alltag aktiv angehen. Betroffenenvertreter, Verbände sowie Länder und Kommunen sind in die Aktion eingebunden.

Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Ursula von der Leyen: "Eine wohlhabende Gesellschaft muss umtreiben, dass bestimmte Gruppen auf Dauer von Armut gefährdet sind: Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende, Personen ohne Berufsabschluss. Es ist fatal, wenn sich Erfahrungen des Scheiterns und der Ohnmacht über Generationen hinweg in den Köpfen eingraben. Deswegen müssen wir allen von Armut betroffenen Menschen auch etwas zutrauen. Sie brauchen zum einen konkrete Angebote und Unterstützung, die sie in die Lage versetzen, auf Dauer auf eigenen Beinen zu stehen. Das kann für die Alleinerziehende der Kitaplatz sein, der ihr Arbeit ermöglicht oder für einen Jugendlichen das nachgeholte letzte Lehrjahr. Unverzichtbar ist jedoch eine zweite Komponente, damit die Brücke raus aus der Armut trägt: Das sind Menschen, die - häufig im Ehrenamt - Betroffene bestärken und vor dem Straucheln bewahren, wenn neue Hindernisse auftauchen. Die Schlüsselbegriffe heißen Zuwendung, Bildung und Teilhabe. Das Europäische Jahr unter dem Motto 'Mit Neuem Mut' soll in diesem Sinne ein starkes Signal geben."

Die Schirmherrin, die EKD-Ratsvorsitzende und Landesbischöfin von Hannover, Dr. Margot Käßmann: "Armut und soziale Ausgrenzung sind eng verbunden; beide beschädigen das Selbstwertgefühl der Betroffenen. Besonders besorgniserregend ist es, wenn Kinder keine Hoffnung haben, aus der Armut herauszukommen. Ich hoffe, dass das Europäische Jahr 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung hilft, dass unsere Gesellschaft dafür ein Bewusstsein entwickelt und Wege findet, wie vor allem Kinder faire Startchancen für ihren Weg ins Leben bekommen. Armut bedeutet oft mangelnde Teilhabemöglichkeiten an der Gesellschaft – ich wünsche mir, dass wir in einer solidarischen Gesellschaft Chancengerechtigkeit für alle erreichen."

Mit dem EJ 2010 werden besonders drei große Themenfelder verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gehoben: 

- „Jedes Kind ist wichtig – Entwicklungschancen verbessern!“

- „Wo ist der Einstieg? – Mit Arbeit Hilfebedürftigkeit überwinden!“

- „Integration statt Ausgrenzung – Selbstbestimmte Teilhabe für alle Menschen!“

Neben einer breit angelegten Öffentlichkeitskampagne, um auf die Probleme von Armut und Ausgrenzung hinzuweisen und Wege daraus aufzuzeigen, steht die Realisierung konkreter Projekte vor Ort im Mittelpunkt. Das BMAS fördert mit eigenen und mit EU-Mitteln Aktivitäten in diesen Feldern. Anfang Februar wird das BMAS als Nationale Durchführungsstelle des EJ 2010 bekanntgeben, welche 40 Projekte zur Förderung ausgewählt wurden.

Termine im Europäischen Jahr 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung:

- 21. Januar: Europäische Auftaktveranstaltung in Madrid

- 1. Februar:  Start der geförderten Projekte

- 25. Februar:  Nationale Auftaktveranstaltung in Berlin

- 17. März: Auftaktveranstaltung Nordrhein-Westfalen in Köln

- 6. u. 7. April: Infotage der ARD/ZDF Medienakademie

- 10. /11. April: Workshop Straßenzeitungen bei der taz

- 19. bis 25. Juni: Fokuswoche der Nationalen Armutskonferenz in Berlin

- Nov. 2010 Verleihung des Sonderpreises des BMAS für Nachwuchsjournalisten im Rahmen des Deutschen Sozialpreises der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V.

- Nov. 2010: Abschlussveranstaltung

Hinzu kommen deutschlandweit zehn regionale Events - bisher ohne Festlegung der Daten, weitere Veranstaltungen sind derzeit noch in Planung.

Prominente Botschafterinnen und Botschafter werden das EJ 2010 unterstützen und auch an der Auftaktveranstaltung in Berlin teilnehmen:

Pastor Bernd Siggelkow, Initiator der ARCHE, christliches Kinder- und Jugendwerk

Prof. Dr. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin

Lira Bajramaj, Mitglied der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Damen

Reinhold Beckmann, Fernsehjournalist, Initiator von NestWerk e.V.

Dieter Pfaff, Schauspieler

Prof. Dr. Heinz Bude, Soziologe

Imke Duplitzer, Fechterin und Soldatin

Felix Huby, Kriminalautor u. a. „Tatort“

Julitta Münch, WDR-Reporterin „Hallo Ü-Wagen"

Bruder Paulus, Kapuzinermönch und Publizist

Die Botschafter wurden ausgewählt, weil sie sich im Themenspektrum des EJ 2010 engagieren. Was sie dazu motiviert hat, ist ab heute in Video-Botschaften unter www.ej2010.de / www.mit-neuem-mut.de abrufbar. Dort finden Sie auch weitere Informationen zum Europäischen Jahr 2010.

Berlin, 21. Januar 2010

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