Ilse Junkermann wird am Samstag erste Bischöfin der neuen mitteldeutschen Kirche

Von Neckar und Jagst im Westen an die Elbe im Osten

Von Karsten Wiedener (epd)

Magdeburg (epd). Am Samstag wird Ilse Junkermann in Magdeburg feierlich in das Amt der ersten Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland eingeführt. Ihr Büro, nur wenige Schritte vom ersten gotischen Dom Deutschlands entfernt, hat die 52-jährige Theologin bereits bezogen und den Blick auf die zwischen den Blättern der Bäume durchschimmernde Elbe schätzen gelernt.

In ihrem bisherigen Stuttgarter Arbeitszimmer lag der Neckar für Blickkontakte zu weit weg. Doch umso näher war ihr in den ersten 19 Lebensjahren die Jagst, an deren Ufer in Dörzbach der Bauernhof ihrer Eltern lag. In dem stark gewundenen Nebenfluss des Neckars in Nordwürttemberg hat sie auch schwimmen gelernt.

Die Landwirtschaft hinterließ nicht nur eine biografische Spur, die Pfarrerin sieht in ihr durchaus auch Parallelen zum Alltag von Kirchengemeinden. Da sei zum Beispiel "diese selbstverständliche Mitarbeit" aller Familienangehörigen, "da kommt es auf jeden Einzelnen an", sagt die geschiedene Mutter eines 18-jährigen Sohnes. Weitere wichtige Erfahrungen seien die "Einheit von Leben und Arbeit" gewesen, aber auch, die Natur anzunehmen, wie sie ist.

Ihrem Theologiestudium in Tübingen und Göttingen folgte 1987 eine Rückkehr aufs Land mit einem Pfarrdienst in kleinen Orten am Neckar sowie in Stuttgart. Junkermann wurde dann 1994 Studienleiterin im Pfarrseminar in Stuttgart-Birkach. Drei Jahre später erhielt sie eine Berufung in die Kirchenleitung, in der sie als Oberkirchenrätin noch bis Juli dem Dezernat für Personal- und Ausbildungsfragen vorstand. Zwölf Jahre lang hat sie dabei unter anderem die Pfarrstellenplanung trotz mehrerer Sparprogramme vorangetrieben.

Die Übernahme der Dezernatsleitung habe sie nicht angestrebt - "die Anfrage dazu kam überraschend, genauso wie für das Bischofsamt auch", erinnert sie sich. Ohnehin wollte sie nach einer gewissen Zeit wieder zurück in den Pfarrdienst. Nun hat sie mit ihrem Amt auch die erste Predigtstelle im Magdeburger Dom inne.

Als Bischöfin zähle sie zu ihren wichtigsten Aufgaben die Frage, "welches Bild vom Menschen unser Handeln in Kirche und Gesellschaft bestimmt". Unterschiede zwischen den alten und den 1990 hinzugekommenen Bundesländern gelten dabei für sie nicht: "In Ost wie in West herrscht das drängende Thema vor: Ist der Mensch nur etwas wert, wenn er etwas leisten kann?" Das betreffe vor allem die immer älter werdende Bevölkerung und die hohe Arbeitslosigkeit.

Zudem stehen der Kampf gegen Rechtsextremismus als gesamtdeutsches Problem sowie die Stärkung der Demokratie für sie im Mittelpunkt. Engagieren will sie sich auch beim Erhalt von Natur und Umwelt. So sei zum Beispiel die Elbe in Ost wie in West ein sehr geplagter Fluss, mit verschmutztem Wasser und dem Eingriff in seinen Lauf. "Im Verhältnis des Menschen zur Natur und zur Schöpfung dürfen nicht allein Aspekte der Nutzung eine Rolle spielen." Allerdings, so räumt sie ein, sei es mitunter eine schwierige Gratwanderung zwischen der Nutzung und dem Schutz der Natur.

Die Zeit nach der Grenzöffnung und der deutschen Wiedervereinigung mit intensiven Kontakten zu Pfarrerinnen und Pfarrern aus der ehemaligen DDR sei für sie sehr lehrreich gewesen. Gemeinsame Kurse in Stuttgart und in Eisenach mit Begegnungen junger Menschen aus Ost- und Westdeutschland hätten ihr viele Erkenntnisse zum jeweiligen Selbstverständnis des kirchlichen Lebens in den Gemeinden vermittelt.

In der neuen Landeskirche will sich Junkermann vor allem der Integration der verschiedenen Traditionen widmen. Dabei müsse deutlich gemacht werden, "dass Unterschiedlichkeit Reichtum ist und keine Last". Die mitteldeutsche Kirche, zu der sich zu Jahresbeginn die Thüringer Landeskirche und die Kirchenprovinz Sachsen zusammengeschlossen hatten, zählt zwischen der Altmark in Sachsen-Anhalt und Südthüringen rund 900.000 Mitglieder.

Im vergangenen Sommer, als es Andeutungen gab, dass sie für eine Kandidatur angefragt werden könnte, ist Ilse Junkermann nach Magdeburg gefahren. Sie wollte ganz allein die Frage klären, ob ein Leben in der Stadt für sie überhaupt vorstellbar wäre. "Die Antwort war eindeutig ja. Und nun freue ich mich darauf!"

25. August 2009

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