"Weihnukka" im Heiligen Land - Vielfalt religiöser Feste von Christen, Juden und Muslimen

 Mehr Pilger in Bethlehem erwartet

Jerusalem (epd). Pessach oder Ostern, Pfingsten oder Wochenfest – zu Weihnachten endet im Heiligen Land der Gleichklang der Feiertage. Das Geburtsfest, wie es auf Arabisch heißt, überstrahlt die anderen religiösen Feste. Das jüdische Lichterfest Chanukka im Kerzenschein von einem neunarmigen Leuchter ebenso wie das islamische Opferfest, das in diesem Jahr wenige Tage vor dem Weihnachtsfest gefeiert wurde.

Weihnachten gibt immer mehr den Ton an. In den Städten mit jüdischer und arabischer Bevölkerung wird Ende Dezember dann das Dreierfest ausgerufen. Alle feiern mit, alle hängen gleichzeitig ihren Festtagsschmuck ans Haus und wünschen sich "Schöne Feiertage".

An muslimischen Häusern hängen Lichter-Girlanden, die in Europa zu Weihnachten die Stromrechnungen in ungeahnte Höhen treiben würden. Mit den Lichtern lassen sich auch Halbmonde formen, nicht nur Weihnachtssterne. In Haifa und Jaffo gibt es mittlerweile ganze Straßenzüge, in denen sich Rechtgläubige aller Religionen als Anwohner interreligiöse Wettbewerbe mit Girlanden liefern.

In Jerusalem stehen ab Mitte Dezember Tannenbäume hinter dem Rathaus - oder zumindest kleine Fichten, die einer Tanne sehr ähnlich sehen. Sie werden ausländischen Dauerbewohnern der Stadt geradezu aufgedrängt. Kostenlos und mit einer kleinen Grußkarte des Bürgermeisters. Nicht nur Christen, auch Inder und Japaner holen sich die Nadelbäume an. Westeuropäer sind in den Warteschlangen eher selten zu sehen. Richtiges Gedränge gibt es erst, wenn am letzten Tag auch israelische Tannenbaum-Fans sich einen Baum abholen können.

Vor allem die jüdischen Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion können sich ein "Weihnukka" ohne Christbaum neben ihrem Chanukka-Leuchter nicht vorstellen. Auch so manche Kneipe legt sich einen Baum zu, steigert er doch die Gemütlichkeit und gehört zur Sylvester-Party, mit denen immer mehr Bars und Kneipen am 31. Dezember Kunden anlocken. Auf Weihnachtsfeiern rufen sie begeistert "Happy New Year" und begrüßen mit "Jingle Bells" das neue Jahr.

Noch auffallender als die interreligiöse Expansion von Weihnachten ist in den vergangenen Jahren eine innerchristliche Ökumene. Sie hat im Heiligen Land, wo jeder rechtgläubiger als der andere zu sein glaubt, Seltenheitswert. Weihnachten ist eine Art Notwehr der Gläubigen gegen die Vielfalt an Feiertagsterminen im Heiligen Land. Alle, auch orthodoxe und armenische Christen feiern in der Nacht zum 25. Dezember mit den westlichen Kirchen. Dabei müssen die Orthodoxen eigentlich bis zum 6. Januar warten und die Armenier sogar bis zum 18. Januar.

In den Kirchen bleibt es bei den traditionellen Terminen und Riten - auch wenn draußen Gläubige aller Konfessionen schon im Dezember ihren Tannenbaum aufstellen. Auch die Praxis der Weihnachtsgeschenke wurde mit dem Heiligabend-Termin übernommen. Überhaupt soll es dieses Jahr wieder bunter werden, wenn deutlich mehr Pilger als in vergangenen Intifada-Jahren in Bethlehem erwartet werden. Das israelische Tourismusministerium rechnet zu den Weihnachtsfeiertage mit 60.000 ausländischen Pilgern in Bethlehem, Jerusalem und Nazareth.

Im Vorjahr waren es nur 40.000. Am neuen Kontrollübergang soll die Einreise nach Bethlehem für Touristengruppen ohne Kontrolle ermöglicht werden. Im israelischen wie im palästinensischen Tourismus-Ministerium wird sogar laut darüber nachgedacht, bei steigenden Touristenzahlen einen getrennten Übergang für Pilger zur Geburtsstadt von Jesus einzurichten.

21. Dezember 2007

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