Bewegende Taufe in Khao Lak

Pfarrer Bartel kehrte drei Jahre nach dem Tsunami an den Unglücksort in Thailand zurück

Von Elvira Treffinger (epd)

Khao Lak/Frankfurt a.M. (epd). Voller Gedanken ist der deutsche evangelische Pfarrer Burkhard Bartel in Thailand aus dem Tsunami-Gebiet zurückgekehrt. Eine Taufe am Strand von Khao Lak, dem Inbegriff für die Zerstörungen des 26. Dezember 2004, hat ihn und alle Anwesenden sehr bewegt: "Wir konnten die Tränen zulassen beim Blick auf das Meer und die Erinnerungen an das Unfassbare", erzählt er am Telefon.

Bartel taufte den sieben Monaten alten Linus aus Stuttgart - genau an dem Ort, wo vor drei Jahren sein Bruder Tim (5) von der großen Welle erfasst und getötet wurde. Tim wurde erst nach fünf Monaten gefunden und identifiziert. Für Linus suchte seine Mutter Andrea den Taufspruch aus: "Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit."

Fast alle Gottesdienstbesucher haben durch den Tsunami einen lieben Menschen verloren. Für sie war es ein Sturm widerstreitender Gefühle: "Das Freudenfest der Taufe eines neugeborenen Kindes, der todbringende Tsunami und das weihnachtliche Friedensfest", schildert der deutsche evangelische Pfarrer in Bangkok. Viele sagten ihm, dass man das Unglück nie mehr vergessen und auch nicht endgültig bewältigen könne.

Fast kommt es Bartel vor, dass viele Überlebende nach drei Jahren schwerer an der Last tragen als unmittelbar danach. "Viele erzählten mir von ihren schlechten Träumen und ihrer Schreckhaftigkeit und den Depressionen." Auch die Thailänder im Katastrophengebiet bräuchten aus seiner Sicht Psychologen und Seelsorger, um mit all dem Leid fertigzuwerden. Immer noch fürchten sich Menschen vor den Geistern der Verstorbenen, die nicht richtig bestattet wurden.

Aber auch die körperlichen Wunden sind noch längst nicht verheilt. Die deutsche evangelische Gemeinde in Thailand hatte vielen Verletzten geholfen, die operiert werden mussten. Jetzt stellten sich bei vielen bakterielle Entzündungen der Knochen ein. Neue Operationen wurden notwendig, zum Teil sogar Amputationen. Mehr als 200.000 Euro Spenden hat die Gemeinde bekommen und an Hilfebedürftige weitergegeben.

Manchmal hat nicht der Tsunami, sondern erst der Neuanfang thailändische Familien entzweit. Neid, Korruption und Angst vor der Zukunft belasten die Gemeinschaften, die die schreckliche Welle nicht vergessen können. Manche der neuen Hotels sind schöner als die alten, aber weniger ausgelastet. Manche Menschen wurden Christen, andere schlossen sich Sekten an, wieder andere hören auf Untergangspropheten.

Pfarrer Bartel begegnen die seltsamsten Geschichten. Es klingt fast, als habe es ihn selbst getröstet, dass die Taufgemeinde es schaffte, zum Abschluss des Gottesdienstes "O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit" zu singen. Und er erinnert sich daran, wie Linus' Augen beim Anzünden der Taufkerze leuchteten.

20. Dezember 2007

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