Studie über Religiosität in Berlin vorgestellt

Huber: Kirchen sollten Qualität ihrer Kernangebote fördern

Berlin (epd). Die Bertelsmann Stiftung hat die komplette Studie zur Religiosität am Dienstag in Berlin vorgestellt und mit Vertretern der großen Kirchen und der Wissenschaft diskutiert. Für die Menschen in Deutschland ist Religion wichtiger als angenommen, ergibt sich aus der Erhebung "Religionsmonitor". Erste Ergebnisse der Studie, für die in 21 Ländern 21.000 Menschen befragt wurden, waren am Wochenende bekannt geworden. Am Dienstagabend schaltete die Bertelsmann Stiftung auch die Website www.religionsmonitor.com frei, auf der Interessierte sich an der weltweiten Umfrage beteiligen können.

Nach der Studie sind 70 Prozent der Deutschen religiös, 18 Prozent davon sogar als "hochreligiös" zu bewerten. Im internationalen Vergleich der 21 Länder befindet Deutschland sich damit jedoch im unteren Viertel. In Nigeria etwa seien 99 Prozent religiös, in den USA und Italien 89 Prozent. Auch der Anteil der Konfessionslosen ist in Deutschland mit 29 Prozent im internationalen Vergleich überdurchschnittlich. Im Weltmaßstab sind es nur 16,5 Prozent.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, folgerte aus der Studie, dass Glaube auch dort wichtig sei, wo Religion nicht mehr selbstverständlich sei. Die Mehrheit der Kirchenmitglieder sei auf Glaubensfragen ansprechbar, schreibt Bischof Huber in einem Beitrag zum "Religionsmonitor". Dem Gottesdienst werde weiter eine große Bedeutung beigemessen.

Vor diesem Hintergrund sagte Huber, die Kirchen seien gut beraten, die Qualität ihres Kernangebotes zu fördern. Für die evangelische Kirche stünden deshalb die Qualitätssicherung bei Gottesdienst und Seelsorge, mehr anlassbezogene Gottesdienste, sowie der Ausbau der kirchlichen Bildungsangebote im Mittelpunkt der Reformanstrengungen.

Der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsen, Jochen Bohl, sagte in der Podiumsdiskussion am Abend, für die Kirchen werde in der kommenden Zeit wieder vieles leichter. Menschen befassten sich mit Neugier und Aufgeschlossenheit mit dem Glauben. Der Gedanke an Gott sei vom "Generalverdacht" entlastet, dass der Glauben einem selbstbestimmten Leben entgegenstehe.

Der katholische Erzbischof Werner Thissen aus dem Erzbistum Hamburg sagte, trotz der zunehmenden Zahl an Sinnsuchenden sei es nicht richtig, von der Religion als neuem "lifestyle" zu sprechen: "Im Glauben ist Bewegung drin." Die Kirche sollte das motivieren, Menschen zu einem intensiveren Verhältnis zu Gott zu helfen.

Der Braunschweiger Rabbiner Jonah Sievers sagte, eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie sei, dass tiefe Religiosität nicht automatisch Intoleranz bedeute. Das widerspreche dem Bild, das allgemein kolportiert werde.

Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung

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