Huber: Missionarische Herausforderung ist gemeinsame Aufgabe der Kirchen

Hannover/Bonn (epd). Das neue Vatikan-Dokument zur Evangelisierung ist von den Kirchen in Deutschland positiv aufgenommen worden. Kardinal Karl Lehmann sagte, der Text der Glaubenskongregation sei ein "Appell für eine glaubwürdige Evangelisierung in der Welt von heute". Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erklärte der Ratsvorsitzende Wolfgang Huber, die missionarische Herausforderung sei eine gemeinsame Aufgabe der Kirchen. Allerdings sei die ökumenische Dimension nicht ausreichend gewürdigt.

Die Sendung der Kirche dürfe nicht auf Ethik und Sozialarbeit verkürzt werden, sagte Kardinal Lehmann: "Es geht um das reale Heil und die Bedingungen es zu gewinnen, für alle Menschen." Gerade die westliche Welt sei oft durch "Missionskritik und Missionsmüdigkeit gelähmt", so der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.

Aus evangelischer Sicht könne dem Grundton und vielen Aussagen des Vatikan-Dokumentes zugestimmt werden, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Huber: "Die missionarische Aufgabe ist eine gemeinsame Herausforderung unserer Kirchen. Auf diesem Feld wollen wir voneinander lernen und miteinander vorankommen", so der Berliner Bischof. Er vermisst allerdings, dass die ökumenische Praxis missionarischen Handelns der Kirchen nicht vollständig wahrgenommen werde. Mission gehe es in erster Linie nicht um Mitgliederzuwachs für die eigene Kirche, sondern darum, dass Menschen überhaupt kirchliche Heimat fänden.

Der lutherische Ökumene-Experte, Landesbischof Friedrich Weber, sagte, Mission sei die Aufgabe aller Kirchen über Konfessionsgrenzen hinweg. Er verwies zugleich auf Unterschiede. Während der Vatikan-Text auf scharfe Abgrenzung zu Agnostizismus, Relativismus, indifferentem Pluralismus und geistigem Individualismus setze, setze die lutherische Theologie eher auf Dialog. Von der katholischen Kirche müsse "Proselytismus", also das Bewegen von Christen zum Übertritt zu einer anderen Konfession, ebenso klar zurückgewiesen werden, wie sie das Recht auf Religionsfreiheit in allen Ländern einfordere, so Bischof Weber.

14. Dezember 2007

EKD-Pressemitteilung zum Thema

Der Text " Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung" als pdf auf den Seiten der Deutschen Bischofskonferenz


Vatikan wirbt für offensive Verbreitung des katholischen Glaubens

Rom betont Mission - Irritationen im ökumenischen Dialog befürchtet

Von Bettina Gabbe (epd)

Vatikanstadt (epd). Angesichts wachsender Säkularisierung und sprunghaften Wachstums evangelikaler Gruppen ruft der Vatikan die Katholiken zum Eintreten für den eigenen Glauben auf. Die römische Glaubenskongregation zeichnet in einer am Freitag veröffentlichten "Lehrmäßigen Note über einige Aspekte der Evangelisierung" ein düsteres Bild der Gegenwart: Katholiken seien weltweit regelrecht verfolgt oder belagert vom modernen Relativismus, der das Christentum als gleichwertig mit anderen Religionen betrachte. Missionarische Aktivitäten würden heute als Angriff auf die Freiheit Andersdenkender gesehen. Dabei gehörten sie zur Pflicht eines jeden Katholiken, der sich im Besitz der Wahrheit wisse.

Nicht nur in der Kirche, sondern auch im Privatleben, durch Worte und Taten müssen romtreue Christen nach den Worten des Präfekten der Glaubenskongregation, des US-amerikanischen Kardinals William Levada, ihren Glauben offensiv verbreiten. Ungläubige sollten sie dabei ebenso zu bekehren suchen wie Angehörige anderer Religionen und christlicher Kirchen. Auch beim ökumenischen Dialog sollten sie sich demnach darum bemühen, dass die Dialogpartner zur "Fülle der Heilsmittel" gelange.

Kurienkardinal Levada als oberster Glaubenshüter weist in dem 14-seitigen Dokument den Vorwurf der russisch-orthodoxen Kirche zurück, Katholiken versuchten Gläubige abzuwerben. Die sogenannte Proselytenmacherei könne nicht als illegitim angesehen werden, denn jedem müsse es frei stehen, aus freiem Willen der katholischen Kirche beizutreten.

Levada stellt mit Empörung fest, die Überzeugung, die Katholiken hätten "die göttliche Offenbarung in ihrer Fülle als Geschenk erhalten", werde vielfach als Grundlage für Intoleranz und Bedrohung für den Frieden gesehen. Solche Interpretationen wachsen aus Vatikansicht auf dem Boden eines wachsenden religiösen Relativismus, der zu Beliebigkeit führt.

Indem es Roms Alleinanspruch auf den Besitz religiöser Wahrheiten und eine Pflicht zur Mission auch gegenüber nichtkatholischen Christen betont, könnte das neue Vatikandokument, Irritationen im ökumenischen Dialog hervorrufen. Die russisch-orthodoxe Kirche macht immer wieder klar, dass vor einem Papstbesuch in Moskau missionarische Aktivitäten von Katholiken ein Ende haben müssten.

Kurienkardinal Levada bläst dagegen in das gleiche Horn wie der Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Kardinal Ivan Dias beschrieb zum 150.Jahrestag der Marienerscheinungen in Lourdes seine apokalyptische Vision der Gegenwart, als "Kampf zwischen Gott und seinem Feind, dem Teufel".

Die Kraft des Bösen "gleicht immer noch einer Tollwut, heute mehr als zu Zeiten der Bernadette vor 150 Jahren". Der vatikanische Missionskardinal sieht die Welt "schrecklich tief im Sumpf eines Säkularismus" stecken, dessen Ziel es sei, "eine Welt ohne Gott zu schaffen und einem Relativismus Vorschub zu leisten, der die unveräußerlichen Rechte des Evangeliums erstickt".

14. Dezember 2007


Huber: Mission ist gemeinsame Aufgabe der Kirchen

Vatikan betont Recht der Katholiken zur Mission

Vatikanstadt/Hannover (epd). Der Vatikan hat die Katholiken dazu aufgerufen, Nicht- und Andersgläubige zu bekehren. Die katholische Kirche habe das Recht und die Pflicht, ihre Botschaft zu verbreiten und Konvertiten in ihre Gemeinschaft aufzunehmen, wird in einem am Freitag veröffentlichten Dokument der vatikanischen Glaubenskongregation betont. Das neue Vatikan-Dokument zur Evangelisierung ist von den Kirchen in Deutschland überwiegend positiv aufgenommen worden. Hintergrund der Vatikan-Erklärung ist unter anderem Kritik der russisch-orthodoxen Kirche an katholischen Missionsaktivitäten.

Die Missionstätigkeit sei in vielen Ländern von Einschränkungen der Religionsfreiheit behindert. "Wachsende Verwirrung" hindere viele Gläubige an offensiven Missionsaktivitäten, beklagte der Präfekt der Vatikanbehörde, Kardinal William Levada: "Es herrscht vielfach die Überzeugung, dass jeder Versuch, andere in Glaubensfragen zu überzeugen, eine Einschränkung der Freiheit darstellt." Nur die reine Darlegung der eigenen religiösen Überzeugungen und die Aufforderung, nach dem eigenen Gewissen zu handeln, "ohne die Förderung der Bekehrung zu Christus und zur katholischen Kirche" gelte heute als legitim, beklagte der Kurienkardinal.

Kardinal Karl Lehmann sagte, der Text der Glaubenskongregation sei ein "Appell für eine glaubwürdige Evangelisierung in der Welt von heute". Die Sendung der Kirche dürfe nicht auf Ethik und Sozialarbeit verkürzt werden: "Es geht um das reale Heil und die Bedingungen es zu gewinnen, für alle Menschen." Gerade die westliche Welt sei oft durch "Missionskritik und Missionsmüdigkeit gelähmt", so der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.

Aus evangelischer Sicht könne dem Grundton und vielen Aussagen des Vatikan-Dokumentes zugestimmt werden, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber: "Die missionarische Aufgabe ist eine gemeinsame Herausforderung unserer Kirchen. Auf diesem Feld wollen wir voneinander lernen und miteinander vorankommen", so der Berliner Bischof. Die ökumenische Praxis missionarischen Handelns der Kirchen werde allerdings in dem Vatikantext nicht vollständig wahrgenommen. Mission gehe es in erster Linie nicht um Mitgliederzuwachs für die eigene Kirche, sondern darum, dass Menschen überhaupt kirchliche Heimat fänden.

Von der katholischen Kirche forderte der lutherische Ökumene-Experte, Landesbischof Friedrich Weber, sie müsse "Proselytismus", also das Bewegen von Christen zum Übertritt zu einer anderen Konfession, ebenso klar zurückweisen wie sie das Recht auf Religionsfreiheit in allen Ländern einfordere. Das 14-seitige Dokument widerspricht der Auffassung, auch Angehörige anderer Religionen könnten "ohne Christus zu kennen und der Kirche formal anzugehören erlöst werden".

Das moderne Denken tendiert nach Auffassung der Glaubenskongregation dazu, jede Form von Mission als illegitimes "Attentat auf die Freiheit anderer" zu sehen. Dies sei Zeichen eines "Relativismus, der nichts als definitiv anerkennt und als letztes Maß nur das eigene Ich mit seinen Gelüsten belässt", wird Papst Benedikt XVI. zitiert. Dies bedeute jedoch nicht Freiheit, sondern ein "Gefängnis" für alle.

So sei heute eine legitime Vielfalt von Überzeugungen einem "undifferenzierten Pluralismus" gewichen. Der Respekt vor der Religionsfreiheit verbiete es, andere mit betrügerischen Mitteln oder Gewalt zum Eintritt in die katholische Kirche zu bewegen. Ziel des ökumenischen Dialogs sei es gleichwohl, anderen Christen "zur Fülle der Heilsmittel" zu verhelfen.

14. Dezember 2007

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