Antwort auf Kritik der Muslimverbände am EKD-Papier veröffentlicht

Berlin (epd). Die Differenzen zwischen evangelischer Kirche und den Islamverbänden sind noch nicht ausgeräumt. Der Islam-Experte Johannes Kandel widersprach am Montag in Berlin Vorwürfen des Koordinationsrates der Muslime, die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) habe mit ihrem Islampapier den interreligiösen Dialog belastet. Kandel präsentierte zusammen mit der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen eine Antwort auf den Koordinationsrat, der der evangelischen Kirche Abgrenzung und Profilierung auf Kosten der Muslime vorgeworfen hatten.

Kandel kritisierte, die Antwort des muslimischen Koordinationsrates sei "stellenweise dreist und triumphalistisch" gewesen. Es habe dort ein "beleidigter Unterton" geherrscht, der "ausgesprochen störend" gewesen sei. Es gebe jetzt viel Diskussionsbedarf mit dem Rat, sagte Kandel. Er rechne damit, dass Muslime und evangelische Kirche jetzt zum Sachgespräch zurückfänden.

Bei den muslimischen Verbänden sei es leider eine "bekannte Attitüde", sich als Opfer ungerechtfertigter Angriffe zu sehen, schreibt Kandel, der zu dem Autorenkreis des Islampapiers gehört. Die tiefe Enttäuschung über einen "vermeintlichen Kurswechsel" der EKD im christlich-islamischen Dialog lasse die islamischen Verbände "blind werden" für die Absichten und Sachaussagen des EKD-Dokuments. Von den Muslimen werde das interreligiöse Gespräch hauptsächlich als "pragmatische Unternehmung" gesehen, die das "Ringen der muslimischen Verbände um 'gleiche Augenhöhe'" unterstütze.

Ein gehaltvoller Dialog müsse "robust genug" sein, um auch kritische Fragen und Kontroversen auszuhalten, heißt es in der Antwort weiter. Darin weist Kandel auch Verdächtigungen zurück, das EKD-Papier fördere "Scharfmacher". Auch pauschale Angriffe gegen die evangelikale Bewegung schadeten dem Dialog. Der Koordinationsrat solle davon ablassen, die vermeintlich 'bremsende Amtskirche' gegen die angeblich dialogfreundlichere Kirchenbasis auszuspielen.

Das Islampapier sorgt seit seiner Veröffentlichung vor einem Jahr für Verstimmung. So hatten die Muslimorganisationen ein ursprünglich für Februar anberaumtes Spitzengespräch mit der EKD unter Hinweis auf "Klärungsbedarf" kurzfristig abgesagt. Das Gespräch wurde im Mai nachgeholt, dabei konnten allerdings die Kontroversen nicht ausgeräumt werden. Auch einzelne evangelische und katholische Theologen warfen dem EKD-Papier theologische Defizite, undifferenzierte Aussagen zur Mission, herabwürdigende Darstellung des Islam und fehlende Aussagen zur Islamfeindschaft vor.

03. Dezember 2007

EKD-Publikation "Klarheit und gute Nachbarschaft Christen und Muslime in Deutschland."

Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW)


Weltanschauungsexperte: Glaube an Kreationismus nimmt zu

Berlin (epd). Die wissenschaftlich begründete Evolutionstheorie stößt in Deutschland nach Angaben der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) zunehmend auf Skepsis. Besonders Freikirchen und unabhängige Gemeinden wendeten sich zunehmend dem Kreationismus zu, sagte Hansjörg Hemminger, Weltanschauungsexperte der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, am Montag in Berlin. Nach dieser Lehre ist die biblische Schöpfungsgeschichte wörtlich zu verstehen. Derzeit würden nach Studien zwischen zehn und zwölf Prozent der Bundesbürger Darwin und seine Evolutionstheorie entschieden ablehnen. In den USA seien es mehr als 30 Prozent.

Der Begriff "Kreationismus" (lateinisch: creare - erschaffen, schöpfen) bezeichnet den Glauben an den biblischen Schöpfungsmythos. Hemminger sagte, es gebe in Deutschland eine "Amerikanisierung" der Freikirchen. Die evangelische Kirche habe in letzter Zeit nichts unternommen, um auf den wachsenden Kreationismus zu antworten, kritisierte er. Hemminger legte ein Papier mit dem Titel "Mit der Bibel gegen die Evolution" vor. Der stellvertretende Leiter der EZW, Matthias Pöhlmann, sagte, es gebe unter den Kreationisten eine "Sehnsucht nach einfachen Antworten".

Vor allem evangelikale und fundamentalistische Glaubensgemeinschaften interpretieren die Schöpfungsgeschichte der Bibel wörtlich und lehnen die von Charles Darwin (1809-1882) entwickelte Evolutionstheorie ab. Radikale Kreationisten glauben, die Erde sei 6.000 Jahre alt und in sieben Tagen von Gott erschaffen worden. Zu den zentralen Anliegen der Kreationisten gehört die Verankerung der Schöpfungsgeschichte im schulischen Biologieunterricht.

Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) ist die zentrale wissenschaftliche Dokumentations- und Beratungsstelle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für religiöse und weltanschauliche Strömungen. Sie hat den Auftrag, diese Zeitströmungen zu beobachten und zu beurteilen und kooperiert mit den Weltanschauungsbeauftragten der Landeskirchen.

03. Dezember 2007

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