Mehr Chancen für ältere Arbeitnehmer gefordert

Berlin (epd). Die evangelische Kirche, die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag haben gemeinsam Initiativen verlangt, um mehr ältere Arbeitnehmer in Lohn und Brot zu bringen. Auf einer Tagung der Evangelischen Akademie in Berlin forderte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, am Dienstag, mehr Regelungen zur Gesundheitsförderung, zur Fortbildung und zu flexiblen Arbeitszeiten in Tarifverträgen.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig Georg Braun, sagte, ältere Arbeitnehmer müssten kontinuierlich qualifiziert werden. Hubertus Schmoldt, Chef der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, sprach sich dafür aus, die Arbeitsbedingungen altersgerecht zu gestalten.

Huber sagte, viele Ältere würden nach wie vor am Arbeitsmarkt benachteiligt. Es gebe noch immer das Vorurteil, eine große Anzahl Älterer im Unternehmen führe zu hohen Lohnkosten. Huber forderte einen "grundlegenden Kulturwandel, der dem Potenzial des Alters Raum gibt". Am Ende müsse eine Gesellschaft stehen, "in der ein höheres Alter nicht mehr als Ausschlussgrund gelten kann".

Braun sagte, wegen der demografischen Entwicklung müssten alle künftig länger arbeiten - sonst werde es nicht gelingen, Lebensstandard und Sozialsystem auf dem jetzigen Stand zu halten. "Wir können nicht erwarten, dass die Jugend das demografische Problem alleine lösen wird", sagte er. Eine wesentliche Aufgabe zukünftiger Tarifverhandlungen werde sein, die Bereitschaft zur Weiterbildung zu erhöhen.

Schmoldt sagte, auf die Herausforderung, Arbeit altersgerecht zu gestalten, hätten Politik, Arbeitgeber und Gewerkschaften noch keine Antworten. Ältere würde noch immer zu Unrecht als weniger leistungsstark betrachtet: "Hier muss noch viel Aufklärungsarbeit, gerade in den Personalabteilungen, geleistet werden", sagte er. Schmoldt forderte mehr betriebliche Gesundheitsförderung, die Einrichtung altersgemischter Teams und neue Altersteilzeitmodelle für ältere Arbeitnehmer.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) hatte kürzlich in einer Studie festgestellt, dass die deutschen Unternehmen noch nicht auf den demografischen Wandel vorbereitet sind. Nur ein Fünftel der Betriebe kümmere sich um Gesundheitsprävention jenseits gesetzlicher Mindestnormen, und nur ein Viertel aller Mitarbeiter werde durch Weiterbildung gefördert. Betriebliche Angebote wie Altersteilzeit, altersgerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes oder verminderte Leistungsanforderungen für Ältere sind der IAB-Studie zufolge sogar leicht rückläufig.

Nach einer Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes wird Deutschland im Jahr 2050 zwischen 69 Millionen und 74 Millionen Einwohner haben - derzeit sind es über 82 Millionen. Zur Bevölkerung im Erwerbsalter von 20 bis 64 Jahren gehören heute etwa 50 Millionen Menschen. Im Jahr 2050 werden es - je nach der Anzahl der Zuwanderer - 22 bis 29 Prozent weniger sein.

13. November 2007

EKD-Pressemitteilung: Huber: "Wandel der Wahrnehmungskultur des Alters nötig"

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